Damit ist der Weg frei für Luftschläge gegen Gaddafis Armee. Der libysche Diktator kündigt ein gnadenloses Vorgehen gegen die Regierungsgegner an.

Tripolis/New York/Kairo. Über Libyen gilt von sofort an ein Flugverbot. Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen hat am Donnerstagabend (Ortszeit) eine Resolution verabschiedet, mit der die Luftwaffe des libyschen Diktators Muammar al-Gaddafi am Boden gehalten werden soll. Das Papier erlaubt aber auch Luftschläge und andere „erforderliche Maßnahmen“ zum Schutze von Zivilisten. Lediglich der Einsatz von Bodentruppen ist ausgeschlossen. Die UN-Mitgliedstaaten dürfen auch individuell handeln. Damit ist der Weg frei für Luftschläge. Für den Entwurf, der vor allem Frankreichs Handschrift trägt, stimmten 10 der 15 Mitgliedstaaten. Kein Land war dagegen, aber fünf Länder enthielten sich, auch Deutschland. Russland und China, die als ständige Mitglieder mit ihrem Veto das Vorhaben hätten zu Fall bringen können, enthielten sich ebenfalls.

Die libysche Luftwaffe bombardierte am Donnerstag den internationalen Flughafen von Bengasi, der Hauptstadt der Rebellen im „befreiten“ Osten. Außenminister Guido Westerwelle schloss eine deutsche Teilnahme an einer eventuellen Militärintervention erneut kategorisch aus. „Wir Deutsche werden uns auch international nicht an einem Krieg in Libyen beteiligen“, sagte Westerwelle in Berlin. Paris hat sich für eine sofortige militärische Aktion in Libyen ausgesprochen. Auf die Frage, ob Frankreich eine Militäraktion wünsche, sobald es eine entsprechende UN-Resolution gebe, sagte Premierminister François Fillon am Donnerstagabend in den Nachrichten im Sender France 2: „Natürlich.“ Es sei schließlich Frankreich gewesen, das seit Tagen darauf dringe, dass der UN-Sicherheitsrat über eine Resolution über Libyen abstimme. Nun ist die Resolution beschlossen.

Für den Fall einer Militärintervention gegen sein Land drohte Gaddafi zuvor mit einem Angriff auf den Luft- und Seeverkehr im Mittelmeerraum. „Alle militärischen und zivilen Luft- und Seefahrzeuge im und über dem Mittelmeer werden (in diesem Fall) zu Zielen der libyschen Vergeltung“, hieß es in einer Erklärung des Verteidigungsministeriums in Tripolis. Zugleich kündigte Gaddafi den Aufständischen überraschend eine Feuerpause an. In der Nacht von Sonnabend auf Sonntag werde man „alle Militäroperationen gegen die bewaffneten terroristischen Banden einstellen“. Die Feuerpause solle um Mitternacht beginnen. Damit solle allen Libyern, die von einer Generalamnestie profitieren wollten, die Gelegenheit gegeben werden, die Waffen abzugeben. Die Bombardierung des Flughafens von Bengasi, zehn Kilometer östlich der Stadt, richtete zunächst keine Schäden an, sagte ein Oppositionssprecher dem arabischen Nachrichtensender Al-Dschasira. „Es schien uns wie eine Warnung, wie eine Herausforderung der internationalen Gemeinschaft.“ Auch andere Ziele in der Umgebung der Stadt wurden aus der Luft angegriffen. Das Rote Kreuz verlegte seine internationalen Mitarbeiter aus Sicherheitsgründen in die 450 Kilometer entfernte Stadt Tobruk nahe der ägyptischen Grenze. In verlustreichen Kämpfen gelang es den Aufständischen, ihre Positionen bei Adschdabija und in der von Regimetruppen eingeschlossenen Stadt Misurata zu behaupten. Mit Artilleriefeuer setzten Gaddafis Truppen die 210 Kilometer östlich von Tripolis gelegene Stadt unter Druck. Dabei seien 18 Menschen getötet worden, sagte ein Kämpfer der Regimegegner dem Nachrichtensender Al-Arabija.

Die Stadt Adschdabija, 160 Kilometer südlich von Bengasi, griffen Gaddafi-Truppen mit Geschützen und Panzern an. Ein Augenzeuge berichtete in Al-Arabija, er habe nach den heftigen Luftangriffen vom Vortag im Krankenhaus der Stadt die Leichen von 30 Zivilisten - Frauen, Kindern und alten Leuten – gesehen. Das libysche Staatsfernsehen zeigte in der Nacht zum Donnerstag Bilder von der angeblichen Einnahme der Stadt durch die Regimetruppen. Die in Siegerpose aufmarschierenden Pro-Gaddafi-Soldaten hätten sich aber in Wirklichkeit am westlichen Eingang der Stadt befunden, berichtete der Nachrichtensender Al-Dschasira. Auf den Bildern war kein städtisches Umfeld zu erkennen.