Bundeskanzlerin Angela Merkel hat sich zur Entwicklungspolitik bekannt, will aber zugleich die Nehmerländer stärker in die Pflicht nehmen.

New York. Deutschland will an der Unterstützung der Dritten Welt festhalten, die Nehmerländer aber stärker in die Pflicht nehmen. Berlin sehe seine Rolle als „verantwortungsbewusster Unterstützer von Eigenanstrengungen“, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Dienstag vor dem Armutsgipfel der Vereinten Nationen in New York. „Denn ohne eigenes, sich selbst tragendes Wirtschaftswachstum wird für die Entwicklungsländer der Weg aus Armut und Hunger zu steil bleiben.“

Deutschland, das sich für einen nichtständigen Sitz im Sicherheitsrat der Uno bewirbt, sei weltweit der drittgrößte Geber von Entwicklungshilfe. „Selbst in der Finanzkrise haben wir unsere Mittel nicht zurückgefahren“, sagte die Kanzlerin. Berlin strebe weiter an, 0,7 Prozent seines Bruttoinlandsprodukts für die Entwicklungshilfe auszugeben. Derzeit sind es nach Angaben der Bundesregierung 0,4 Prozent. Allerdings könne Entwicklungshilfe nicht zeitlich unbegrenzt sein. „Wir brauchen mehr Ergebnisorientierung“, forderte Merkel. Statt auf schnelle Erfolge zu setzen, müsse langfristig gedacht werden. Das könne mit „größeren Freiräumen für nationale Politiken“ verbunden werden, um den Besonderheiten der einzelnen Länder zu entsprechen. „Der Entwicklungsprozess liegt in erster Linie in der Verantwortung der Regierungen der Entwicklungsländer. Sie haben es in der Hand, ob Hilfe effizient erfolgen kann.“ Fortschritt und Entwicklung seien ohne gute Regierungsführung und Achtung der Menschenrechte undenkbar.

Merkel sprach vor dem Uno-Armutsgipfel, der nach 10 von 15 Jahren eine Zwischenbilanz der sogenannten Millenniumsziele ziehen soll. Die Uno-Staaten hatten im Jahr 2000 acht Entwicklungsziele für 2015 beschlossen, darunter die Halbierung von Armut und Hunger und eine drastische Senkung von Mütter- und Kindersterblichkeit. „Leider müssen wir aber heute sagen, dass wir nicht alle Ziele bis 2015 erreichen werden“, sagte Merkel. Es gebe bemerkenswerte Fortschritte, doch Hunger und Unterernährung bewegten sich noch immer auf einem unerträglich hohen Niveau. Deshalb müssten die „Jahrtausendziele“ über das Jahr 2015 hinaus gültig bleiben.

Russland wies die Staatengemeinschaft auf die Gefahr nachlassender Entwicklungshilfe hin. „Wenn wir in unserer globalisierten und von einander abhängigen Welt nicht auf die Bedürfnisse der ärmsten Länder eingehen, riskieren wir das Wohl der gesamten Wirtschaft und setzen die Stabilität und Sicherheit in vielen Regionen aufs Spiel“, sagte der russische Außenminister Sergej Lawrow. „Außerdem riskieren wir, dass sich Terrorismus, Seuchen und die unkontrollierte Migration erheblich ausbreiten.“

Am Morgen hatte der iranische Präsident Mahmud Ahmadinedschad gesprochen – und auf seine üblichen Angriffe gegen den Westen und nichtmuslimische Staaten verzichtet. „Lasst uns die Hände reichen und das dritte Jahrtausend zu einem machen, in dem all die guten Taten und das Schöne die Oberhand gewinnen und die Gerechtigkeit obsiegt“, sagte Ahmadinedschad. Allerdings griff er „den ungezügelten Kapitalismus“ an und sagte, die „ungerechten und undemokratischen Strukturen der bestimmenden Länder“ in der internationalen Politik seien verantwortlich für die meisten Nöte, unter denen die Menschheit heute leide. Konkrete Staaten nannte er aber nicht.