Es gab eine Revolte gegen den bisherigen Regierungschef. Die Labor-Partei wählte Julie Gillard in einer Blitzaktion zur Vorsitzenden.

Canberra. Australien bekommt nach einer politischen Revolte in der regierenden Arbeitspartei erstmals eine Ministerpräsidentin. Julia Gillard wurde ohne Gegenkandidat zur neuen Vorsitzender der Labor-Partei gewählt. Damit ist ihre Vereidigung als Ministerpräsidentin nur noch Formsache. Der parteiinterne Aufstand gegen Rudd war nur wenige Stunden zuvor ausgebrochen. Wegen fehlenden Rückhalts trat er nicht gegen seine bisherige Stellvertreterin an.

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Gillard sagte direkt nach ihrer Wahl: „Ich fühle mich sehr geehrt.“ Sie wird die Arbeiterpartei in die bevorstehenden Parlamentswahlen führen. Rudd wirkte nach seiner Abwahl gefasst, wollte sich aber nicht dazu äußern. In den vergangenen Wochen hatte er einen steilen Absturz in der Wählergunst erlebt. Die Gründe dafür waren eine millionenschwere Werbekampagne der Bergbauindustrie gegen Rudds Pläne für höhere Ertragssteuern und seine unklare Haltung zur Einführung eines Emissionshandels.

Am Mittwoch hatte der Ministerpräsident noch erklärt, er nehme die Herausforderung Gillards an und wolle um sein Amt kämpfen. „Ich wurde gewählt, um meine Arbeit zu machen. Ich habe vor, diese Arbeit fortzusetzen“, sagte Rudd. Bis Donnerstag hatte er aber offenbar gespürt, dass seine Machtbasis weggebrochen war.

Vor drei Jahren hatte Rudd als Spitzenkandidat der Arbeitspartei nach einem Erdrutschsieg den langjährigen konservativen Regierungschef John Howard abgelöst. Zu Beginn seiner Amtszeit genoss Rudd große Zustimmung in der Bevölkerung, weil er das Kyoto-Protokoll zur Reduzierung der Treibhausgase unterzeichnete, den Truppenabzug aus dem Irak einleitete und die konservativen Arbeitsmarktreformen rückgängig machte.

Die neue Ministerpräsidentin Gillard, Jahrgang 1961, wurde in Wales geboren. Als sie vier Jahre alt war, wanderte ihre Familie nach Adelaide in Australien aus. Ihre Eltern entschieden sich wegen des Lungenleidens ihrer Tochter zu diesem Schritt, denn sie hofften auf Besserung durch das wärmere Klima. Gillard arbeitete erfolgreich als Anwältin.