Kanzlerin Merkel und die Regierungschefs aus Italien, Spanien und Großbritannien wollen den französischen Präsidentschaftskandidaten nicht empfangen.

München/Berlin/Paris. In der Bundesregierung gibt es offenbar Differenzen über den Umgang mit dem linken französischen Präsidentschaftskandidaten François Hollande. Im Auswärtigen Amt befürchtet man, der restriktive Kurs der Kanzlerin könne Deutschland schaden, wie die "Süddeutsche Zeitung“ (Montagausgabe) berichtet. Aus dem Umfeld von Minister Guido Westerwelle (FDP) verlautete, man habe "die große Sorge, dass der Eindruck eines Boykotts des sozialistischen Kandidaten die deutsch-französischen Beziehungen belasten könne“. Man stimme zwar in vielen Punkten mit dem Programm Hollandes nicht überein, dennoch müsse Deutschland mit jedem demokratisch gewählten Präsidenten Frankreichs sehr gut zusammenarbeiten.

Zuvor hatte der "Spiegel“ berichtet, Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) habe mit den Regierungschefs von Spanien, Großbritannien und Italien vereinbart, den Sozialisten Hollande während seines Wahlkampfs nicht zu empfangen. Die Bundesregierung wollte den Bericht am Sonntag weder bestätigen noch dementieren.

"Die Entscheidung, ob er oder sie Herrn Hollande empfängt, trifft jeder Regierungschef eigenständig“, sagte eine Regierungssprecherin der Nachrichtenagentur Reuters. Auf die Frage, ob Merkel Hollande im Kanzleramt empfangen werde, ergänzte die Sprecherin: "Einen solchen Termin gibt es bislang noch nicht.“

Hollande selbst zeigte sich am Wochenende unbeeindruckt von einem möglichen Boykott gegen ihn. "Ich weiß nicht, ob diese Information stimmt“, sagte Hollande am Sonntag dem Sender France 3 mit Blick auf den entsprechenden "Spiegel“-Bericht. "Sollte es eine Allianz der Konservativen für den konservativen Kandidaten in Frankreich geben, so wäre dies ganz natürlich.“ Über die Zukunft des Landes entscheide aber niemand anderes als das französische Volk.

+++ Hollande will Supersteuer für Reiche +++

Merkel hatte vor einem Monat bereits in einem gemeinsamen Fernsehinterview ihre Unterstützung für den konservativen Amtsinhaber Nicolas Sarkozy angekündigt. Eine Sprecherin von Sarkozys Wahlkampfteam erklärte nun, Hollande dürfe sich nicht wundern, wenn sich die Bundeskanzlerin nicht mit ihm treffen wolle. Schließlich stelle Hollande den jüngst beschlossenen Fiskalpakt und damit einen zentralen Bestandteil von Merkels Strategie zur Bekämpfung der Euro-Schuldenkrise in Frage.

Die SPD warf Merkel vor, mit ihrer Parteinahme für Sarkozy deutschen Interessen zu schaden. "Es ist erstaunlich, dass Kanzlerin Merkel den gleichen Fehler zweimal macht“, erklärte Fraktions-Geschäftsführer Thomas Oppermann. Schon die Beziehungen zu den USA hätten darunter zu leiden, dass Merkel erfolglos versucht habe, den Wahlkampf von Barack Obama zu behindern.

Die erste Runde der Präsidentenwahl findet am 22. April statt und eine Stichwahl Anfang Mai, sollte in der ersten Runde keiner der Bewerber die absolute Mehrheit erreichen. In den Umfragen liegt derzeit Hollande klar in Führung.

Mit Material von rtr und dapd