Es seien zwar schon 20.000 Soldaten desertiert, doch Assad werde in der Armee von der gut ausgerüsteten Volksgruppe der Alawiten gestützt.

Ammann. Es könnte noch mehr als ein Jahr dauern, bis es den syrischen Rebellen womöglich gelingt, Staatschef Baschar al-Assad zu stürzen. So schätzt ein desertierter General die Situation ein. Es seien zwar schon 20.000 Soldaten desertiert, sagte Mostafa Ahmed al-Scheich. Doch Assad werde in der Armee von der Volksgruppe der Alawiten gestützt, die gut ausgebildet und ausgerüstet seien. Deswegen werde der Aufstand wohl länger als in Libyen, Ägypten und Tunesien dauern. Zwar schwächten die Fahnenflüchtigen die Streitkräfte. Die meisten Deserteure kämpften aber nicht gegen Assads Truppen, sondern wollten vor allem der Geheimpolizei entkommen, sagte Al-Scheich in einem Telefoninterview, das er von der Südtürkei aus führte. Er selbst stammt aus der syrischen Provinz Idlib.

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Nach Schätzung des früheren Generals verfügen die syrischen Streitkräfte über 280.000 Soldaten, darunter Rekruten. 25.000 bis 30.000 kämpfende Deserteure mit leichten Waffen und Panzerfäusten reichten aus, um die Armee in ein bis eineinhalb Jahren zu besiegen. Obwohl die Soldaten streng beaufsichtigt würden und ihre Familien bei Fahnenflucht mit Repressalien rechnen müssten, gebe es immer wieder Deserteure, sagte Al-Scheich. Die meisten von ihnen seien Angehörige der sunnitischen Bevölkerungsmehrheit. Assad ist Alawit.

Al-Scheich entschied sich nach eigenen Worten zur Fahnenflucht, nachdem er erfahren hatte, dass Geheimpolizisten in der Nähe von Hama die 20-jährige Frau eines Oppositionellen vergewaltigt hatten. Er warf der Geheimpolizei außerdem sexuelle Übergriffe auf demonstrierende Studenten in der Stadt Aleppo vor. Seine Angaben konnten nicht überprüft werden.

Die Proteste gegen Assad begannen im März 2010 friedlich, schlugen dann aber in Kämpfe zwischen den Streitkräften und Deserteuren um, die immer wieder Sicherheitskräfte angreifen. Nach offizieller Darstellung kamen dabei 2000 Soldaten und Polizisten ums Leben. Assad macht vom Ausland gesteuerte Islamisten für die Gewalt verantwortlich. Die Arabische Liga warnte zuletzt vor einem Bürgerkrieg. Nach Schätzungen der Vereinten Nationen sind in dem Konflikt mehr als 5000 Menschen getötet worden. (Reuters)