Der US-Präsident hat auf einem Luftwaffenstützpunkt 18 in Afghanistan getöteten Soldaten und Drogenfahndern die letzte Ehre erwiesen.

Washington. Der Besuch in Dover im Bundesstaat Delaware war nicht offiziell angekündigt worden, Journalisten wurden erst kurz vor dem Abflug Obamas informiert. Die "Washington Post" sprach von einem "emotionalen Moment" zu einer Zeit, in der die USA ihr weiteres Vorgehen im Krieg am Hindukusch abwägen.

Von Obama wird eine Entscheidung erwartet, ob er, wie von der Militärführung gefordert, die Truppen in Afghanistan aufstockt. Der Nato-Kommandeur in Afghanistan, US-General Stanley McChrystal, hat sich für rund 40.000 zusätzliche Soldaten ausgesprochen.

Dem Besuch Obamas kommt ein hohes Maß an Symbolik zu. Seine Regierung hatte erst im März ein 18 Jahre altes Verbot seines Vorgängers George Bush senior aufgehoben, wonach US-Medien nicht über die Heimkehr von getöteten amerikanischen Soldaten berichten durften. Das Verbot war zurzeit des ersten Irak-Krieges offiziell verhängt worden, um die Privatsphäre der Angehörigen zu schützen und ihnen zusätzlichen Schmerz zu ersparen. Kritiker vermuteten, dass die damalige Regierung, in der Richard Cheney Verteidigungsminister war, damit nur ein negatives Bild des Krieges in der Öffentlichkeit vermeiden wollte. Nach den jüngsten blutigen Anschlägen in Afghanistan und Pakistan wächst der Druck auf Obama, seine Entscheidung über seine neue Militärstrategie zu treffen. Der Präsident müsse etwas gegen die weitere Verschlechterung der Lage tun, sagte der Republikaner John McCain dem Sender CBS. Die Rückführung der Leichen der 18 US-Bürger machte die Gefahren augenfällig.

"Wir sehen, wie sich die Lage immer weiter verschlechtert, während der immer wieder verlängerte Entscheidungsprozess sich hinzieht", sagte der republikanische Senator McCain auf CBS. Die Verbündeten seien zunehmend nervös und die Armeeführung frustriert. Der Präsident müsse bald entscheiden, "die USA leben nicht in einem Vakuum", fügte McCain hinzu. Er war der Rivale Obamas im Ringen um die Präsidentschaft gewesen.

Viele Amerikaner fürchten jedoch, dass sich die USA in einem ausweglosen Krieg befinden, der nicht zu gewinnen sei, in einem unkontrollierbaren Land. Das US-Nachrichtenmagazin "Newsweek" schrieb in seiner neuen Titelgeschichte bereits von "Obamas Vietnam". Im Weißen Haus ist Ratlosigkeit spürbar. Von einem "offensichtlich kompliziertes Sicherheitsumfeld in Afghanistan", sprach ein namentlich nicht genannter Obama-Berater in der "Washington Post". Es reife die Erkenntnis, dass "die Taliban als politische und militärische Macht nicht ausgeschaltet werden können, egal, wie viele Truppen dort stationiert werden". Die Frage sei nun, wie man die Afghanen in den Provinzen stärker einbinden könne und "wie viel des Landes wir den Einheimischen überlassen können".