Eine Frau für die Gesundheit, eine für Sozialhilfe, eine für Bildung: Doch Mahmud Ahmadinedschad bleibt bei seinem umstrittenen Kurs.

Teheran. Der iranische Präsident Mahmud Ahmadinedschad vergleicht seine Regierung gern mit einer Fußballmannschaft – „wo man eben auswechselt, wenn es nicht rund läuft“. Dementsprechend will der „Trainer“ seine als neue Ära deklarierte zweite Amtszeit mit gleich 14 neuen Gesichtern am Kabinettstisch beginnen. Damit würden zwei Drittel der Minister ausgetauscht.

„Das ist nicht gerade ein Zeichen der Zufriedenheit mit der eigenen Regierung“, kommentierte ein Oppositionspolitiker. Und Ahmadinedschad-Kontrahent Mir-Hussein Mussawi hat schon die ständigen Veränderungen in den vergangenen vier Jahren als Zeichen einer instabilen Politik ausgelegt. Ahmadinedschad musste nach Einschätzung von Beobachtern Veränderungen vorweisen, denn schon seine Wiederwahl war wegen angeblicher Wahlfälschung äußerst umstritten und führte zur schlimmsten Krise in der dreißigjährigen Geschichte der Islamischen Republik.

Mehr als 20 Demonstranten – laut Opposition sogar 69 – kamen bei Massendemonstrationen ums Leben. Über 4000 Kritiker wurden verhaftet, wovon mehr als 100 immer noch wegen Spionage und Verrat im Gefängnis sitzen. „Neue Namen, aber kein Kurswechsel“, kommentierte ein Beobachter die Kabinettsliste.

Besonders außenpolitisch wird sich nicht viel ändern. Da ging der Präsident keine Risiken ein und behielt Manuchehr Mottaki als Chefdiplomat. Damit wird sich Mottaki, voraussichtlich wieder zusammen mit Chef-Atomunterhändler Said Dschalili, weiter um den Atomstreit kümmern. „Nicht wir werden uns verändern, sondern der Westen muss sich auf die neue Ära (im Iran) einstellen“, so Mottaki.

Die Europäische Union hat Ahmadinedschad zu seiner Wiederwahl noch nicht gratuliert, wird es wohl auch nicht tun. Darüber ist Teheran immer noch verärgert. „Die (EU) kriegt noch eine hinter die Ohren“, sagte Ahmadinedschad. Außerdem hat Mottaki die September-Frist für neue Atomverhandlungen von US-Präsident Barack Obamas abgelehnt.

Auch bei der Wirtschaft, die Achillessehne Ahmadinedschads und Hauptgrund für die Unzufriedenheit innerhalb der Bevölkerung, baut er weiter auf seinen Minister Schamseddin Hosseini. Und mit der Leitung des Ölministeriums, die Hauteinnahmequelle des Landes, betraute er den früheren Handelsminister und engen Vertrauten Massud Mir-Kasemi. Zwar soll die Inflationsrate laut Zentralbank von 25 auf 15 Prozent zurückgegangen sein, aber im Alltag merken die Menschen nicht viel davon. „Durch Zahlen allein löst sich das Problem nicht“, meinte ein Banker in Teheran.

Der Geheimdienst des Präsidenten spielt spätestens seit den Unruhen eine wichtige Rolle. Die Opposition behauptet, dass viele der politischen Gefangenen in Guantánamo-ähnlichen Gefängnissen gefoltert, einige dabei ums Leben gekommen und junge Frauen und Männer brutal vergewaltigt worden sind. Dieser Vorwurf wurde jedoch vom Regime kategorisch dementiert.

Der neue Mann im Geheimdienst ist Hejdar Moslehi, ein enger Vertrauter des Präsidenten, der vorher für die Pilgerorganisation zuständig war. „Der hat doch noch nie in seinem Leben für den Geheimdienst gearbeitet“, kritisierte der Parlamentarier Ahmad Tawakoli die Ernennung.

Zum ersten Mal in der 30-jährigen Geschichte der Islamischen Republik wurden – gleich drei – Frauen ins Kabinett berufen. Die ehemalige Abgeordnete Marsieh Wahid-Datsdscherdi soll das Gesundheitsressort leiten, ihre Kollegin Fatemeh Adschorlu für Sozialhilfe zuständig werden. Und die ehemalige Vizeministerin Susan Shodschaei wurde zur Bildungsministerin befördert. „Ahmadinedschad wollte unbedingt Frauen in seinem Kabinett haben, um sein Image als islamischer Hardliner zu mildern“, sagte eine Reformaktivistin. Alle drei sind jedoch konservativ und politisch auf einer Wellenlänge mit dem Präsidenten. „Schöne Geste und ein Novum, nur für Frauenrechte werden die drei sich wohl kaum einsetzen“, meint die Reformerin. Auch im Parlament gibt es schon erste Kritik, weil die Ausbildung der Frauen mit ihren Ämtern nichts zu tun haben.

Die Minister müssen Ende des Monats vom Parlament überprüft und bestätigt werden. Viele Abgeordnete hatten vom Präsidenten gefordert, qualifizierte Minister zu ernennen und nicht ideologische Vertraute. Das ist aber anscheinend wieder nicht der Fall. Daher will das Parlament jeden einzelnen Minister gründlich unter die Lupe nehmen. „Was wir in erster Linie machen müssen, ist die politische Atmosphäre von Radikalismus zu befreien“, meinte Vize-Parlamentspräsident Mohammed-Resa Bahonar. Daher werden wohl einige vorgeschlagene Minister auch durchfallen, ist Bahonar überzeugt.