Nach fünftägiger Geiselhaft haben die Entführer drei im Jemen verschleppte Deutsche am Freitag freigelassen. Von den Strapazen der vergangenen Tage gezeichnet, traf die Familie aus Kiel am Freitagabend in der Hauptstadt Sanaa ein.

Sanaa/Kiel. Dort wurde sie von Innenminister Mutahar al-Masri und einem Vertreter der deutschen Botschaft empfangen wurde. "Es geht ihnen den Umständen entsprechend gut", sagte Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) am Freitag. "Sie waren unversehrt, aber sie sahen erschöpft aus", sagte auch ein Beamter des jemenitischen Innenministeriums.

Die Familie der Entführten in Schleswig-Holstein hat am Freitagabend "überglücklich" auf die Freilassung regiert. "Es waren für uns alle fünf Tage voll des bangen Wartens und Hoffens", erklärten die Angehörigen. Ihr Dank gelte vor allem der jemenitischen Regierung für "ihr besonnenes und umsichtiges Vorgehen bei den sicherlich schwierigen Verhandlungen". Es sei noch nicht klar, wann die Familie wieder in Schleswig-Holstein eintreffen werde. Auch Steinmeier dankte allen, die an dem glimpflichen Ausgang der Entführung beteiligt waren, vor allem aber den "jemenitischen Behörden, die sich bis hin zum Präsidenten sehr engagiert" hätten.

Der Verhandlungsführer der Regierung, Scheich Abdul-Kawi Obad, hatte die Freilassung der drei Deutschen in langen Verhandlungen mit den Entführern vom Bani-Dhabian-Stamm erreicht. Er brachte die Architektin Julia T. und ihre Eltern am Freitag erst in sein Haus in der Nähe des Bergdorfes Nabaah, in dem die Familie gefangen gehalten worden war, und anschließend in die 60 Kilometer entfernte Hauptstadt.

Julia T. arbeitet seit zehn Jahren im Jemen und setzt sich dort unter anderem für den Erhalt der Altstadt von Sabaa ein. Sie war mit ihren Eltern, die sie in dem arabischen Land besucht hatten, am vergangenen Sonntag während eines Ausfluges von fünf bewaffneten Angehörigen der Bani Dhabian in der Nähe der Stadt Radaa entführt worden. Der Anführer der Kidnapper, Abdu-Rabu Saleh al-Tam, hatte kurz vor der Freilassung erklärt, er habe die Deutschen an einen anderen Ort unweit ihres alten Verstecks gebracht, weil er eine Befreiungsaktion befürchtet habe. In diesem zweiten Versteck hätten die Geiseln "einige Probleme mit dem kalten Wetter" gehabt.

Al-Tam hatte die Deutschen entführt, um die jemenitische Regierung zu zwingen, seinen Sohn und einen seiner Brüder freizulassen, die wegen einer früheren Entführung im Gefängnis sitzen. Außerdem hatte er eine finanzielle Entschädigung in Höhe von 40 Millionen Riyal (rund 160 000 Euro) für ein Grundstücksgeschäft gefordert, bei dem sich seine Familie übervorteilt gefühlt hatte. Nach Angaben von Angehörigen des Entführer-Stammes erhielten die Geiselnehmer am Freitag die Zusicherung, dass die Regierung ihre Bedingungen erfüllen würde. Aus Kreisen der Verhandlungsführer hieß es aber, die zwei Angehörigen von Al-Tam seien am Freitag nicht freigelassen worden.

Al-Tam beteuerte, er habe die Geiseln "wie Familienmitglieder behandelt". Sein Clan hatte im vergangenen Jahr fünf jemenitische Ingenieure gekidnappt, die erst nach sechs Monaten wieder freigekommen waren.

Die entführte Julia T. arbeitet im Jemen für die deutsche Gesellschaft für technische Zusammenarbeit (GTZ). Bei den Besuchen dort habe die Familie "immer wieder erlebt, wie freundlich und offen uns die Jemeniten begegnen". "Die Kontakte mit den Menschen im Land und ihr Angebot, ein Stück ihrer Kultur und Lebensweise kennenzulernen, haben wir immer als Bereicherung empfunden", betonte die Familie in ihrer Mitteilung.

Bundesentwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD) betonte am am Freitag, es sei "von entscheidender Bedeutung, dass die Entwicklungsexperten im Jemen, aber auch weltweit ungehindert und in Sicherheit ihrer Arbeit nachgehen können. Nur so können sie ihrer wichtigen Aufgabe nachkommen und Entwicklungen befördern und Armut bekämpfen."

Die Kieler Oberbürgermeisterin Angelika Volquartz (CDU) reagierte mit großer Erleichterung auf die Freilassung der Geiseln. "Das ist das beste Weihnachtsgeschenk", sagte sie.