Die Europäische Union gerät wegen ihres Streits über das EU-Klimaschutzpaket immer mehr unter Druck. Uno-Generalsekretär Ban Ki Moon mahnte auf der Weltklimakonferenz im polnischen Posen Europa eindringlich zum Handeln. “Wir erwarten eine Führungsrolle der Europäischen Union.“

Posen. "Die Entscheidungen, die gerade von den Staatschefs Europas getroffen werden, haben große Konsequenzen für die gesamte Welt", sagte Ban Ki Moon zur Eröffnung der Ministerrunde in Posen mit Blick auf den EU-Gipfel in Brüssel. Dort ringt die EU um ein substanzielles Klimapaket. In Posen gab es bisher nur wenige Ergebnisse.

Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) warnte vor Rückschritten beim Klimaschutz. "In vielen Staaten - auch in Deutschland und der Europäischen Union - wird versucht, die aktuelle Finanzkrise als Ausrede zu missbrauchen, um sich von einem engagierten Klimaschutz zu verabschieden", sagte vor Vertretern aus rund 190 Ländern um Beginn der Ministerrunde in Posen. Zugleich verteidigte er die Hilfe für die deutsche Autobranche. "Wenn wir die Automobilindustrie unterstützen, dann nicht für die Autos von gestern, sondern für die Autos von morgen mit weit geringerem Spritverbrauch und weniger Abgasen." Gabriel verwies am Rande der Konferenz darauf, dass die EU weiterhin international führend im Klimaschutz sei und die ehrgeizigsten Klimaschutzziele aller Ländergruppen vorgelegt habe. Er kritisierte Russland, Japan und Australien scharf, die künftige konkrete Minderungsziele der Industrieländer ablehnten.

Unterdessen gab es auf Verhandlungsebene in Posen bis Donnerstag nur wenige Fortschritte. Die Delegierten vereinbarten zwar das Hauptziel der Konferenz, ein Arbeitsprogramm bis zur Klimaschutzkonferenz in Kopenhagen Ende 2009, auf der ein Nachfolgeabkommen zum Kyotoprotokoll verabschiedet werden soll. In vielen Punkten kam Posen jedoch nicht über die bereits auf der Klimakonferenz in Bali 2007 vereinbarten Ziele heraus. Bis zur Ministerrunde war noch umstritten, wie der Fonds finanziert wird, mit dem sich arme Länder an den Klimawandel anpassen können.

Ban hob in seiner Rede auf der Klimakonferenz die Rolle der USA hervor. Die Pläne der künftigen US-Regierung zu alternativen Energien und Klimaschutz seien sehr ermutigend. Die USA werden nach den Aussagen des demokratischen US-Senators John Kerry einem künftigen Klimaabkommen jedoch nur beitreten, wenn es auch Länder wie China berücksichtigt.

Der Uno-Generalsekretär sieht eine große Chance, die Finanzkrise und den Klimawandel gemeinsam zu lösen. Die Finanzkrise benötige hohe Investitionen, wovon ein Großteil in alternative Energien fließen solle. Dies könne Millionen neuer Arbeitsplätze schaffen. "Die Finanzkrise ist ernst. Doch wenn es zum Klimawandel kommt, steht viel mehr auf dem Spiel." Er überlege, ob er bei der nächsten Uno- Vollversammlung im September eine Runde zum Klimaschutz einberufen werde. Ban lobte die Klimaschutzpläne Chinas, Dänemarks, Brasiliens und Indiens.

China warnte in Posen die großen Industrieländer vor einem Nachlassen ihrer Bemühungen. "Entwickelte Länder sollten die Finanzkrise nicht als Ausrede benutzen, um ihre Verpflichtungen (...) zu umgehen", sagte Chinas Umweltminister Xie Zhenhua. Guyanas Präsident, Bharrat Jagdeo, kritisierte die EU: "Wenn Europa ein Signal sendet, dass es nur in erfolgreichen Zeiten starke Verpflichtungen eingehen kann, was sollen dann die Entwicklungsländer sagen, inklusive China?" Grünen-Fraktionsvizechefin Bärbel Höhn warf der Bundesregierung vor, beim Klimaschutz immer stärker auf die Bremse zu treten. "Die EU hat ihre Vorreiterrolle eingebüßt. Jetzt blockiert auch die EU, und das liegt mit an Deutschland", sagte sie in Posen.

In einigen Regionen Deutschlands könnte es einer Klimastudie zufolge in der zweiten Hälfte dieses Jahrhunderts mehr als vier Grad wärmer werden als bisher. Die Temperaturen steigen hier am stärksten im Spätsommer und im Herbst, wobei das Frühjahr eine geringere Erwärmung als der Jahresdurchschnitt zeige. Das geht aus der Studie für ein regionales Klimamodell COSMO-CLM hervor, die in Cottbus vorgestellt wurde. Wie die Wissenschaftler herausfanden, gehen die Niederschläge im Sommer künftig um etwa 30 Prozent zurück. Dieser Rückgang werde aber in fast allen Simulationen durch eine Zunahme in den übrigen Jahreszeiten kompensiert.