Die Nato-Außenminister unterbrechen vorerst die Zusammenarbeit mit Russland. Moskau ist empört, Georgien zeigt sich zufrieden. Die OSZE will mehr Beobachter in die Krisenregion schicken.

Brüssel/Moskau. Die Nato und die EU haben Russland in scharfer Form zum Truppenabzug aus Georgien aufgefordert. Bei einem Krisentreffen warnten die Nato-Außenminister den russischen Staatspräsidenten Dmitri Medwedew vor einem Wortbruch. "Die Zukunft unserer Beziehungen wird davon abhängen, welche Schritte Russland unternimmt, um das Abzugsversprechen einzulösen, das Präsident Medwedew gegeben hat", sagte Nato-Generalsekretär Jaap de Hoop Scheffer gestern in Brüssel. Bis zum Abzug werden die direkten Kontakte der westlichen Allianz zu Russland im Nato-Russland-Rat auf Eis gelegt. Die Regierungen waren sich nach Worten de Hoop Scheffers darüber einig, "dass wir nicht so tun können, als sei nichts passiert". Die Minister schufen ein ständiges Gremium für engere Kontakte mit Tiflis, die Nato-Georgien-Kommission.

Der französische Außenminister Bernard Kouchner sagte mit Blick auf den Sechs-Punkte-Friedensplan, den sein Land vermittelt hatte: "Die Russen müssen ihre Unterschrift einlösen. Sie müssen sich zurückziehen." US-Außenministerin Condoleezza Rice sprach von "einem starken Signal, dass wir es nicht dulden werden, dass eine neue Trennungslinie durch Europa gezogen wird zwischen jenen, die Glück hatten, in die Nato zu kommen, und jenen, die das nicht schafften". Sie fügte hinzu: "Die USA haben nicht die Absicht, Russland zu isolieren." Russland isoliere sich durch sein Handeln selbst. "Eine Invasion in einem kleinen Land, die gezielte Zerstörung ziviler Infrastruktur: Damit isoliert sich Russland."

Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) pochte darauf, den Kontakt zu Russland nicht auf Dauer abreißen zu lassen. Er hoffe, dass der Nato-Russland-Rat nach dem Abzug der russischen Truppen rasch wieder einberufen werde. "In meinem Verständnis ist der Nato- Russland-Rat kein Schönwettergremium. Er wird gerade gebraucht, wenn wir uns in schwierigem Fahrwasser befinden."

Im Nato-Russland-Rat werden regelmäßig politische und militärische Verabredungen getroffen. Diese reichen von Manövern bis hin zum Transit ins Krisenland Afghanistan.

Russlands Außenminister Sergej Lawrow nannte die Nato-Reaktion "voreingenommen". Russland führe in der Region eine Mission zur Unterstützung der russischen Friedenssoldaten aus, sagte Lawrow in Moskau. Er bedauerte die Entscheidung der Außenminister, die Zusammenarbeit mit Russland im Nato-Russland-Rat vorerst zu stoppen. "Wir haben aber auch die Worte von Generalsekretär Jaap de Hoop Scheffer zur Kenntnis genommen, dass die Tür zum Dialog geöffnet bleiben solle", fügte der Außenminister hinzu. Die Stellungen in Georgien könnten erst geräumt werden, wenn die russischen Friedenssoldaten in der abtrünnigen Provinz Südossetien wieder ihre Positionen bezogen hätten. Das könne noch "drei bis vier Tage" dauern, sagte Lawrow.

Georgiens prowestliche Regierung hat die Haltung der Nato begrüßt. Die Erklärung der Außenminister, Georgien sei ebenso wie die Ukraine weiterhin ein Beitrittskandidat, sei ein "positives Signal", sagte der Minister für die europäische Integration Georgiens, Georgi Baramidse.

Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) wird mit Zustimmung Russlands und Georgiens noch in dieser Woche die Zahl ihrer Beobachter in Georgien zunächst um 20 erhöhen. Dies beschloss der Ständige Rat der OSZE in Wien. Sie sollen in einem "Gebiet in der Nachbarschaft von Südossetien stationiert werden" und damit "zur Stabilisierung der Lage und zur Koordination der internationalen Hilfe" beitragen, sagte der finnische OSZE-Botschafter Aleksi Harkonen nach den Beratungen.

Insgesamt soll die Zahl der OSZE-Beobachter um 100 erhöht werden. Die Bedingungen dafür müssten jedoch zunächst zwischen Georgien und Russland ausgehandelt werden, hieß es in einer OSZE-Erklärung nach den zweitägigen Beratungen der 56 Mitglieder des OSZE-Rats in der Wiener Hofburg. Zurzeit sind in Georgien etwa 200 OSZE-Mitarbeiter stationiert, darunter acht unbewaffnete Militärbeobachter.

Filmberichte zum Georgien-Konflikt