76 Prozent der Deutschen hoffen auf seinen Sieg. Experten warnen vor Obama-Euphorie. SPD mahnt den Kandidaten: Keine zusätzlichen deutschen Truppen nach Afghanistan!

Hamburg. Ein Popstar kommt, und Berlin steht kopf. Sicherheitskräfte in der Hauptstadt arbeiten auf Hochtouren. Wissenschaftler beobachten den "Obama-Effekt". Berliner Politiker werden ganz aufgeregt, während sich in Amerika Stirnen runzeln: So viel Umstände für einen Mann, der noch nicht mal gewählt worden ist!

Das ficht die Deutschen offenbar nicht an: Die Berliner Verkehrsbetriebe stellen sich auf eine Million Besucher bei Obamas Wahlkampfrede am Donnerstag vor der Siegessäule ein. Wie bei der WM wird die Fanmeile wieder geöffnet - mit mehreren Großbildleinwänden. Die Sicherheitsstufe ist laut der "Thüringer Allgemeinen" dieselbe wie bei einem Besuch eines amtierenden US-Präsidenten.

Der Hoffnungsträger der US-Demokraten ist in Deutschland ungeheuer beliebt. 76 Prozent der Deutschen halten Obama für den besseren US-Präsidentschaftskandidaten, ergab eine Umfrage für den "Spiegel". Sein republikanischer Konkurrent John McCain kommt auf nur zehn Prozent.

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In anderen Hauptstädten Europas wird Obamas Berliner Besuch mit Neid verfolgt: Die Deutschen haben mehr Gesprächstermine abbekommen als andere, Frankreichs Präsident Sarkozy und Briten-Premier Brown fühlten sich benachteiligt, schreibt "Spiegel online". Am Donnerstag wird Obama Kanzlerin Merkel (CDU) und Außenminister Steinmeier (SPD) zu Vier-Augen-Gesprächen treffen, je eine Stunde lang. Bei Obamas Besuchen in Paris und London dagegen gibt es keine Termine für die Außenminister. "Franzosen und Briten denken, dass Deutschland zu viel Aufmerksamkeit erhält", heißt es in Obamas Team. Die Briten - wichtigste Partner der USA im Irak - sind zudem vergrätzt, weil Obama seine Europareise nicht in London beginnt.

Aber Berlins symbolischer Wert ist für Obamas PR-Strategen offenbar nicht zu toppen. Hier sagte Kennedy: "Ich bin ein Berliner", hier sagte Reagan: "Mr. Gorbatschow,

tear down this wall - reißen Sie diese Mauer ein!" Obamas Auftritt auf der Ostseite der Siegessäule, von wo aus Fernsehkameras auch das Brandenburger Tor ins Visier nehmen können, ist die einzige öffentliche Rede während seiner Europa-Reise. "Von hinten gefilmt vor vielen Menschen und dahinter das Brandenburger Tor" - das sind Bilder, die haften bleiben werden, glaubt der Berliner Politologe Harald Wetzel.

Dennoch warnten Experten wie der frühere deutsche US-Botschafter Wolfgang Ischinger, an eine Obama-Präsidentschaft zu hohe Erwartungen zu richten. Er könne etwa eine größere militärische Beteiligung Deutschlands an Krisenmissionen anmahnen. Die SPD warnte Obama gestern, einen höheren Bundeswehr-Anteil in Afghanistan zu verlangen. Dies könne Deutschland nicht leisten.