Was fasziniert gerade junge Leute an Obama? Politik-Wissenschaftler antworten - sie warnen aber auch vor zu hohen Erwartungen.

Berlin. Der Anblick jubelnder Menschen dürfte Barack Obama sicher sein: Wenn der Präsidentschaftskandidat der US-Demokraten am Donnerstag Deutschland besucht, kann er auf große Sympathie in der Bevölkerung hoffen. Jugendliches Auftreten, Charisma, Hautfarbe, Parteizugehörigkeit - es sind mehrere Faktoren, die nach Ansicht von Politikexperten zur Popularität des 46-Jährigen in der Bundesrepublik beitragen. Und in Frankreich, Australien oder Großbritannien ist es genau so.

"Obama ist jung und telegen. Er strahlt die Vision von einem besseren Amerika aus", sagt Georg Schild, Experte für deutsch-amerikanische Beziehungen an der Universität Tübingen. Obama sei ähnlich wie beliebt wie Bill Clinton oder auch Michail Gorbatschow. "Die Deutschen scheinen die Visionäre zu lieben."

Bei aller Euphorie warnen Politikexperten aber davor, Obama zu überschätzen. "Es sind so wahnsinnig viele Erwartungen und Hoffnungen - die kann der Mann eigentlich nicht erfüllen", sagt Schild. Sein Berliner Kollege Andreas Enges vom John-F.-Kennedy-Institut an der FU Berlin meint, dass an Obama Erwartungen wie an einen Messias gestellt würden.

Auch der neue Vorsitzende der Münchner Sicherheitskonferenz, Wolfgang Ischinger, warnt vor überzogenen Hoffnungen auf einen neuen US-Präsidenten. "Egal, wer die Wahl gewinnt, wir werden nicht plötzlich in ein transatlantisches Paradies eintreten", sagte der ehemalige Botschafter der "Berliner Zeitung". Man dürfe nicht erwarten, dass Obama zum Beispiel plötzlich das Kyoto-Protokoll zum Klimaschutz unterschreiben werde.

Obama will mit seiner geplanten Berliner Ansprache auch in der Heimat punkten. Aber diese Rede, sagte der Berliner Historiker Michael S. Cullen, werde für Obama ein politischer "Hochseilakt": "Auf der einen Seite muss er Stellung beziehen, auf der anderen schickt es sich nicht, wenn man Amerika von außerhalb kritisiert." Direkte Angriffe auf McCain oder Amtsinhaber George W. Bush seien tabu.

In den USA wird Obamas Auftritt mit Argusaugen beobachtet. "Obama hält seine transatlantische Grundsatzrede in Berlin, bevor er überhaupt mit britischen und französischen Politikern gesprochen hat", sagte der außenpolitische Berater John McCains, Randy Scheunemann, dem "Spiegel". Es sei "eine reine Wahlkampf- Show". McCain hatte im März eine Auslands-Rundreise unternommen - bei vergleichsweise mäßigem Medieninteresse. Obama hingegen wird von Moderatoren und Reportern großer US-Sender begleitet. Das sorgt bei den Republikanern für Unmut.

In Berlin hält Obamas geplanter Auftritt bereits die Sicherheitskräfte in Atem. Es werde alles getan, um Obamas Sicherheit zu gewährleisten, sagte Berlins Polizeisprecher Bernhard Schodrowski. "Als Hauptstadtpolizei sind wir im Umgang mit hochkarätigen Gästen geübt." Laut "Tagesspiegel" gilt bei Obamas Besuch die Gefährdungsstufe "2" für politische Gäste.

Damit so viele Menschen wie möglich die Rede verfolgen können, sollen Großbildleinwände wie bei der Fußball-EM aufgebaut werden. Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) wird dafür extra seinen Urlaub unterbrechen. Das Gelände ist frei zugänglich (Einlass 16.00 Uhr). "Berlin freut sich auf diesen Auftritt", sagte Senatssprecher Richard Meng.

Nichts wird dem Zufall überlassen. "Plakate oder Transparente sind nicht gestattet", heißt es auf Handzetteln. Rund um den Veranstaltungsort im Tiergarten werden ab heute umfangreiche Sperrungen eingerichtet. Autofahrern wird geraten, das Zentrum bis Freitag früh möglichst zu meiden.