Russlands Präsident deklariert neue Stärke gegenüber den USA. Und er vergleicht sich mit Präsident Roosevelt.

Moskau. Mehr als eineinhalb Jahrzehnte nach dem Ende des Kalten Krieges will Präsident Wladimir Putin Russland wieder massiv mit Atomwaffen aufrüsten. Nachdem die russischen Streitkräfte zuvor eine Interkontinentalrakete getestet hatten, kündigte Putin gestern neue nukleare Systeme für Land-, Luft- und Seestreitkräfte an sowie eine breite Erneuerung des konventionellen Arsenals. Auch in den internationalen Konflikten um das Atomprogramm des Iran und den US-Raketenschild schlug der russische Präsident wenige Monate vor seinem Ausscheiden aus dem Amt scharfe Töne an.

"Wir haben Pläne, die nicht nur groß sind, sondern grandios", betonte Putin während einer live im Fernsehen übertragenen Fragestunde. Der 55-Jährige, der sich mit dem viel gerühmten amerikanischen Reform-Präsidenten Franklin D. Roosevelt verglich, versprach Streitkräfte, die "kompakter, aber effektiver" würden und das Land besser verteidigen könnten.

Während Putins Amtszeit hat die Armee neue Kampfflugzeuge und Raketen erhalten. Westliche Experten meinten, die Erklärungen Putins richteten sich an das eigene Volk. Sie sollten "Leute ohne fachlichen Hintergrund beeindrucken".

Russland sei stark genug, seine Interessen zu wahren, "nebenbei bemerkt, auch in anderen Regionen der Welt", betonte Putin, der sich bei der Duma-Wahl im Dezember um ein Abgeordnetenmandat bewerben will. Der Irak sei das beste Beispiel dafür, dass sich rohstoffreiche Staaten schützen müssten. "Sie haben gelernt zu schießen, aber nicht, wie man einen Frieden sichert", sagte Putin über die US-Truppen im Irak. "Gott sei Dank ist Russland nicht der Irak." Er drohte zudem mit einer Verlegung russischer Waffen, sollten die USA seine Bedenken gegen den in Osteuropa geplanten Raketenschild nicht berücksichtigen.

Auch im Atomkonflikt mit dem Iran ging Putin auf Gegenkurs zu den USA: Direkte Gespräche seien der bessere Weg als Sanktionen oder ein Militäreinsatz, sagte er zu seinem Besuch in Teheran, den die USA kritisiert haben. US-Präsident George W. Bush hatte vor einem "Dritten Weltkrieg" gewarnt, sollte der Iran in den Besitz von Atomwaffen gelangen. Diese Äußerung wurde gestern in Deutschland quer durch die Parteien als verbale Eskalation verurteilt.