KABUL/BERLIN. Immerhin eines scheint in dem makaberen Verwirrspiel um die Geiselnahmen der beiden deutschen Ingenieure Rüdiger D. und Rudolf B. noch sicher: Rudolf B. lebt. Bisher hat dies zumindest noch niemand angezweifelt. Auch der Taliban-Sprecher Kari Mohammed Jussuf Ahmadi behauptete, eine der am Wochenende von den Taliban als tot gemeldeten deutschen Geiseln und vier mitgefangene Afghanen seien noch am Leben. Voraussetzung für ihre Freilassung sei die Entlassung von zehn Taliban-Kämpfern aus afghanischer Haft.

Doch ob die Geiseln überhaupt in Händen der Taliban sind, ist weiter unklar. Womöglich wurden sie auch Opfer einer Stammesfehde. Ziel der Entführung war Medienberichten zufolge der wohlhabende Geschäftsmann Eshak Nursai, den sie zu einem Bauprojekt begleitet hätten. Nursai sei wieder in Freiheit und habe ausgesagt, dass Rüdiger D. zu Beginn der Entführung bei einem Marsch in die Berge zusammengebrochen sei. Kurz darauf hätten die Geiselnehmer auf die am Boden liegende Geisel geschossen.

Auch der EU-Gesandte für Afghanistan, Francesc Vendrell, betonte, die Behörden seien nicht überzeugt, dass die Vermissten tatsächlich in den Händen der Taliban seien. Die Polizei hat angedeutet, dass die fünf von einer kriminellen Gruppe festgehalten werden könnten. Die afghanische Botschafterin in Deutschland, Maliha Zulfacar, sagte dem Bayerischen Rundfunk (BR), es gebe Chancen, das Leben von Rudolf B. zu retten, da der Mann nicht den Taliban, sondern einem örtlichen Stamm in die Hände gefallen sei. In den vergangenen Tagen habe es zahlreiche Gespräche mit einflussreichen Stammesfürsten der Region, mit örtlichen Machthabern und anderen Vermittlern gegeben. Mit diesen Leuten seien Verhandlungen eher möglich als mit den Taliban.

Diese verlängerten wiederum das Ultimatum für 23 seit Donnerstag entführte Südkoreaner. Es läuft heute um 16.30 Uhr aus. Bis dahin soll die afghanische Regierung 23 Taliban-Häftlinge freilassen - ansonsten drohen die Geiselnehmer mit der Tötung der Südkoreaner.

Das Geiseldrama wurde bei der afghanischen Bevölkerung gestern überdeckt vom Tod des sehr beliebten ehemaligen Königs Mohammed Sahir Schah. Er starb im Alter von 92 Jahren in Kabul. In die Stadt war er 2002 nach 29 Jahren im italienischen Exil zurückgekehrt, um dort seine letzten Jahre als einfacher Bürger zu verbringen. Sahir Schah regierte Afghanistan von 1933 bis 1973.