Verteidigungsministerium weist aber den Misshandlungsvorwurf des Deutsch-Türken zurück. Erste Politiker fordern Untersuchungsausschuss.

Berlin. Der Deutsch-Türke Murat Kurnaz hatte in US-Gefangenschaft in Afghanistan Kontakt zu Soldaten der deutschen Elitetruppe KSK, wurde von ihnen nach Aussage des Verteidigungsministeriums aber nicht misshandelt. Unklar blieb zunächst, ob der Fall einen Untersuchungsausschuss nach sich ziehen wird.

"Nach bisherigem Stand haben sie korrekt gehandelt", sagte der Sprecher des Verteidigungsministeriums, Thomas Raabe, gestern in Berlin nach einer Sitzung des Verteidigungsausschusses mit Bezug auf die KSK-Soldaten. Ihre Tätigkeit sei durch das Mandat des Bundestages abgedeckt gewesen. Die Opposition forderte weitere Aufklärung, sah aber noch keinen Grund für einen Untersuchungsausschuss. Der abschließende Bericht des Ministeriums soll in einigen Wochen fertig sein.

Kurnaz hatte angegeben, in einem US-Gefangenenlager in Kandahar vermutlich von zwei KSK-Soldaten an den Haaren gezogen und mit dem Kopf auf den Boden geschlagen worden zu sein. Aus Kandahar wurde er nach Guantanamo gebracht und dort ohne Gerichtsurteil viereinhalb Jahre lang festgehalten.

Raabe sagte, Kurnaz sei Anfang 2002 mit deutschen Soldaten in Kontakt gekommen, die zeitweise das US-Lager in Kandahar bewacht hätten. US-Soldaten hätten auf den deutschen Gefangenen hingewiesen. Ein Bundeswehrsoldat habe Kurnaz nach eigener Erinnerung zugerufen: "Du warst wohl auf der falschen Seite." Es habe aber kein Gespräch stattgefunden. Eine Meldung der deutschen Soldaten über den Vorfall sei vom Führungsstab der Streitkräfte beim Verteidigungsministerium nicht an die politische Spitze weitergegeben worden.

Rund 60 Soldaten hätten sich bisher zu ihrem Einsatz in der Region Kandahar geäußert, auf die Rückmeldungen von 22 aus dem Dienst geschiedenen Soldaten warte das Ministerium noch, sagte Raabe. Weil sich das Ministerium offiziell nicht zum KSK äußert, sprach er durchgängig nur von "Soldaten". Für den Kampfeinsatz im Süden Afghanistans hat jedoch nur das KSK ein Mandat. Auftrag der Elitetruppe ist die Bekämpfung von Terroristen, ihre Gefangennahme und ihre Übergabe an ein Gericht. Dies bedeute, dass die Soldaten auch Gefangene bewachen dürften, sagte Raabe. Anfang 2002 sei Afghanistan noch im Kriegszustand gewesen. Heute würden die deutschen Soldaten einen Gefangenen den afghanischen Behörden übergeben.

Der in Bremen aufgewachsene Kurnaz war nach den Anschlägen vom 11. September 2001 in Pakistan festgenommen worden und kam erst im August 2006 frei. Wegen der von ihm erhobenen Vorwürfe ermittelt die Staatsanwaltschaft Potsdam.

Der Grünen-Politiker Winfried Nachtwei verlangte Aufklärung, ob sich die deutschen Soldaten oder die Regierung von den nicht rechtsstaatlichen Methoden der USA im Umgang mit Gefangenen distanziert hätten. Im Wehrausschuss habe im Januar 2002 Unmut geherrscht, weil der damalige Verteidigungsminister Rudolf Scharping die Abgeordneten nur unzureichend über das KSK unterrichtet habe. Dies habe sich erst mit seinem Nachfolger Peter Struck geändert.

Die FDP-Verteidigungsexpertin Birgit Homburger kritisierte, die Vorwürfe gegen die Bundeswehr-Soldaten seien nach wie vor nicht geklärt. Unklar sei unter anderem, wer wann und wie von der Festnahme Kurnaz' erfahren habe.

Die Koalition ist nach Worten des SPD-Politikers Olaf Scholz für die Einrichtung eines Untersuchungsausschusses, falls sich die Vorwürfe gegen die Bundeswehr erhärten sollten.