Irak: US-Truppen übergeben Schlösser an die Regierung in Bagdad. Marmortreppen, Palmengärten, Wasserfälle - “das war nicht ungemütlich hier“, sagt ein Soldat.

Tikrit. Die Zeit für ein paar letzte Erinnerungsfotos vor den imposanten Palästen nehmen sich die Soldaten, auch wenn noch Mülleimer geleert und einige Kabel aufgerollt werden müssen. Das US-Militär räumt die Gemächer des ehemaligen irakischen Staatschefs Saddam Hussein in Tikrit.

Es ist seit Jahresbeginn der 30. Palast - das stärkste Symbol für die Herrschaft Saddams -, den die Soldaten zweieinhalb Jahre nach Kriegsbeginn verlassen. Saddam hatte die Anlage am Ufer des Tigris 1991 kurz nach dem Ende des ersten Golfkriegs gebaut Das Areal umfaßt 136 Gebäude, darunter 18 Paläste. Ende des Monats sollen sie offiziell den irakischen Behörden übergeben werden.

Der aus dem US-Bundesstaat New York stammende Unteroffizier Jason Mastroietro wußte seine bisherige Unterbringung in den luxuriösen Gemäuern zu schätzen. "Angesichts der Tatsache, daß wir uns in einem Krieg befanden, war die Unterkunft sehr gut. Wir fühlten uns in Sicherheit vor den Mörserangriffen. Im Sommer gab es eine Klimaanlage. Kurz: Das war nicht gerade ungemütlich", sagt er, während er ein paar letzte Papiere in das in einem Metallkorb lodernde Feuer wirft.

Die Anlage, die sich über mehrere Kilometer erstreckt, wird umschlossen von Wachtürmen auf der einen und dem Fluß Tigris auf der anderen Seite. Wie in einem Feriendorf thronen kleine Paläste und Pavillons auf mehreren Inselchen und einem Felsvorsprung über Tikrit.

Die etwa 175 Kilometer nördlich von Bagdad gelegene Stadt war die Heimat des ehemaligen Staatschefs. Über einem der Paläste ergießen sich plätschernde Wasserfälle, an einen weiteren von Palmen umgebenen Palast grenzt eine Terrasse, die direkt zu einer kleinen, von Schilf umrahmten Felsenbucht führt. Eines der Gebäude ähnelt einer in Fels geschlagenen Grotte, ein anderes einem chinesischen Teepavillon.

Zu Beginn des Irak-Kriegs war das Gebäude unter Beschuß geraten und in den vergangenen zweieinhalb Jahren nie restauriert worden. Die zwei Statuen, die den Palast flankieren, sind Zeugen einer anderen Zeit: ein assyrischer Krieger zur einen, ein moderner Kämpfer zur anderen Seite.

Die Treppen der Paläste sind aus Marmor, die imposanten Türen aus fein geschnitztem Holz. Goldene Decken überschirmen die Zimmer, mit farbigem Stuck und Arabesken verziert. Grinsend weisen die abziehenden Soldaten jedoch darauf hin, daß die Marmorschicht hauchdünn sei und offenbar die plumpe Maurerarbeit sowie die schadhaften Wasserleitungen verbergen sollte. Von den Decken mit ihren pompösen Kronleuchtern bröckelt regelmäßig der Putz.

"Dieser Komplex zeigt, wie ein einziger Mann die Reichtümer seines Landes verschwendet hat", sagt Joseph Taluto. Der US-Kommandeur der 42. Division der US-Bodentruppen ist mit dem Abzug aus den Palästen betreut. "Jetzt ist es an der Zeit, das Areal dem irakischen Volk zu übergeben."

Talutos Truppe war bislang in dem riesigen Gebäudekomplex stationiert und für die militärischen Operationen im Zentrum und Norden des Landes zuständig. Jetzt wird sie ihre Befugnisse an die 101. Luftwaffen-Division abgeben. Und die ist in viel schlichteren Gemäuern untergebracht, in einer ehemaligen Basis der irakischen Armee.

Die US-Truppen werden nun schrittweise zusammengelegt. Die Besatzer sollen für die irakischen Rebellen weniger sichtbar sein und so vor weiteren Anschlägen geschützt werden. Zeitgleich übernehmen die irakischen Streitkräfte nach und nach das Kommando im Kampf gegen die Aufständischen.