US-Präsident Barack Obama hat die Staatengemeinschaft zum gemeinsamen Kampf gegen die globale Finanzkrise aufgerufen: “Die Regierungen müssen handeln“, sagte er vor Beginn des Gipfeltreffens der 20 führenden Wirtschaftsmächte in London. Zugleich kam es zu einem Neuanfang in den amerikanisch-russischen Beziehungen. Obama und sein russischer Amtskollege Dmitri Medwedew vereinbarten neue Abrüstungsgespräche.

London. US-Präsident Barack Obama und der britische Premierminister Gordon Brown haben die führenden Wirtschaftsmächte der Erde (G-20) zu raschen und gemeinsamen Maßnahmen im Kampf gegen die schwere Wirtschaftskrise gefordert. Die Welt sei es zwar gewohnt, die USA als globalen Konjunkturmotor anzusehen, aber die USA könne das nicht allein bewältigen, sagte Obama nach einem Treffen mit Brown in London wenige Stunden vor Beginn des G20-Gipfels. "Die Regierungen müssen handeln", sagte Obama auf einer gemeinsamen Pressekonferenz.

"Wir können die Herausforderung nur gemeinsam meistern", sagte der US-Präsident weiter. "Halbheiten" seien jetzt nicht erlaubt. Noch sei unklar, wann "die schwerste Krise seit dem Zweiten Weltkrieg überwunden werde, aber "2009 wird ein hartes Jahr", sagte Obama, der am Vorabend mit seiner Frau Michelle in London angekommen war, der ersten Station seiner achttägigen Reise nach Europa und in die Türkei.

Er sei gekommen sei, "um zuzuhören, nicht um zu belehren", sagte Obama. Allerdings "dürfen wir nicht versäumen, zu führen". Differenzen zwischen den G20-Staaten über neue Konjunkturprogramme nannte er "gewaltig übertrieben". Das Gipfeltreffen werde einen weitgehenden Konsens bringen.

Brown sprach allerdings davon, dass er auf dem am Abend beginnenden G-20-Gipfel mit "harten Verhandlungen" rechne. Die Welt erwarte aber klare Ergebnisse des Gipfeltreffens. "Wenn wir nicht handeln, wird alles nur schlimmer", warnte er. Im Unterschied zu der großen Depression in den 30-er Jahren begegne die Staatengemeinschaft diesmal umgehend und gemeinsam der Krise.

Insgesamt investierten die Regierungen in der Welt über zwei Billionen Dollar zur Ankurbelung der Wirtschaft, sagte der Premierminister. Auf dem G20-Gipfel müssten nach den Worten des britischen Regierungschefs neben weiteren Maßnahmen zur Belebung der Konjunktur zudem neue Regulierungen für die internationale Finanzwirtschaft beschlossen werden: "Ohne Überwachung wird sich die Wirtschaft nicht erholen", sagte Brown. Notwendig sei vor allem die bessere Kontrolle von Hedgefonds und Steueroasen. Zudem müsse es auf dem Gipfel eine deutliche Absage an protektionistische Maßnahmen zum Schutz heimischer Volkswirtschaften geben. Brown zeigte sich zuversichtlich, dass Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy nicht wie angedroht den Gipfel verlassen werde, falls es in London keine Einigung über neue Regeln für den Finanzsektor geben sollte. Er sei davon überzeugt, dass es einvernehmliche Beschlüsse geben werde, sagte der britische Premier.

Obama hob auf der Pressekonferenz mehrfach die "besonderen Beziehungen" zwischen den USA und Großbritannien und seine "Freundschaft" zu Brown hervor. Nach dem Besuch des britischen Premiers vor einigen Wochen in Washington hatte die Medien beider Länder über Verstimmungen in London über einen angeblich zu unterkühlten und unachtsamen Empfang berichtet.

Nach dem Treffen mit Brown kam Obama in London mit seinem russischen Amtskollegen Dmitri Medwedew zusammen. Beide vereinbarten neue Verhandlungen über eine atomare Abrüstung. Ziel sei die deutliche "Reduzierung und Begrenzung von strategischen Offensivwaffen", heißt es in einer gemeinsamen Erklärung.

Der Ende des Jahres auslaufende Vertrag zur Reduzierung strategischer Atomwaffen (START) habe "seinen Zweck vollständig erfüllt", betonten Obama und Medwedew. Nun soll ein "neuer Rekord bei der Verringerung der strategischen Offensivwaffen" angestrebt werden. Das neue Abkommen soll bis Dezember vorliegen. Es werde die Sicherheit für beide Länder erhöhen, hieß es in der Erklärung. Eine erste Bilanz der Verhandlungen soll schon bis Juli 2009 vorliegen.

Medwedew hatte sich bereits vor dem Treffen optimistisch über eine mögliche engere Zusammenarbeit mit den USA geäußert. "Der Briefwechsel zwischen mir und Präsident Obama in diesem Jahr hat eine gegenseitige Bereitschaft gezeigt, reife, bilaterale Beziehungen auf einer pragmatischen und sachlichen Ebene aufzubauen", schrieb Medwedew in einem Beitrag für die "Washington Post". Die vorherige US-Regierung habe Russlands Interessen untergraben und die Beziehungen unter anderem mit ihren Plänen für ein US-Raketenabwehrsystem in Mitteleuropa belastet.

Medwedew bekräftigte aber auch seine Kritik an der geplanten NATO-Osterweiterung bis vor die Grenzen Russlands. Zudem stellte er den US-Dollar als globale Leitwährung in Frage. "Wir sollten gemeinsam darüber nachdenken, ob es angebracht wäre, eine supranationale, weltweite Reservewährung einzuführen, womöglich unter der Schirmherrschaft des Internationalen Währungsfonds." Zuvor hatte auch China eine solche "Super-Währung" vorgeschlagen.