Aus seiner Europaskepsis hat Vaclav Klaus nie einen Hehl gemacht. Jetzt hat der tschechische Staatspräsident Wohl und Wehe der Europäischen Union...

Prag. Aus seiner Europaskepsis hat Vaclav Klaus nie einen Hehl gemacht. Jetzt hat der tschechische Staatspräsident Wohl und Wehe der Europäischen Union (EU) in seiner Hand. Denn nach dem Misstrauensvotum gegen den tschechischen Ministerpräsidenten Mirek Topolanek ist die aktuelle EU-Ratspräsidentschaft ohne Zustimmung von Klaus quasi handlungsunfähig.

An Person und Positionen des machtbewussten konservativen Staatsoberhauptes scheiden sich seit jeher die Geister. Der studierte Ökonom übernahm nach dem Systemwechsel in Osteuropa zunächst von 1992 bis 1997 den Posten des Regierungschefs in Prag, dann fungierte er als Parlamentspräsident. Seit 2003 führt Klaus sein Land als Staatsoberhaupt.

Innenpolitisch profilierte sich Klaus stets als Vertreter einer freien Marktwirtschaft ohne viele Regeln, zu seinen politischen Vorbildern zählen Margaret Thatcher und Ronald Reagan. Aber spätestens die Finanzkrise sollte dem 68-Jährigen vor Augen geführt haben, dass ein unregulierter Markt und die EU als bloße Freihandelszone keine tragfähigen Modelle sind.

Für mehr internationale Aufmerksamkeit sorgte allerdings Klaus' häufige Kritik an der EU. Der Präsident ist davon überzeugt, dass Tschechien drohe, in der Union zu "verschwinden wie Zucker im Kaffee", EU-Symbole hat er aus den Räumen der Burg verbannt. Immer wieder provoziert der Tscheche auch. Vor einem guten Monat hielt er im Europäischen Parlament eine EU-kritische Rede, sodass viele Abgeordnete aus Protest das Plenum verließen. Und seine Abneigung gegen den Reform-Vertrag von Lissabon versteckte Klaus, der eher ein Strippenzieher als ein gestaltender Präsident ist, auch nie.

Falls er Topolanek wieder zur Regierungsbildung aufruft, dann in dem Wissen, dass der schwer angeschlagene ODS-Vorsitzende nach dem Misstrauensvotum von einer parlamentarischen Mehrheit weiter entfernt ist als je zuvor. "Klaus könnte Topolanek endgültig zum Clown machen", heißt es in Prag. Der Präsident könnte Topolanek aber auch bis zum 30. Juni und damit dem Ende der tschechischen EU-Ratspräsidentschaft geschäftsführend im Amt lassen.

Klaus ist am Zug und kann seine EU-Kritik verankern: indem er den Prager ODS-Oberbürgermeister Pavel Bem ("europäische Brüsselokratie") befördert oder eine "Experten-Regierung" vorschlägt.