Die Türken auf Versöhnungskurs: Staatspräsident Abdullah Gül hat während seines Besuches im Nachbarland Irak das Wort „Kurdistan“ benutzt. Damit meinte er das von irakischen Kurden regierte Gebiet im Nordirak. Eigentlich akzeptieren die Türken keinen eigenen Kurdenstaat. Gül sagte, das Wort stehe nun einmal in der irakischen Verfassung. Auch Nachbar Armenien spürt den politischen Frühling in Vorderasien.

Bagdad/Istanbul. Der türkische Staatspräsident Abdullah Gül hat während seines Besuches im Nachbarland Irak ein Tabu gebrochen und das Wort "Kurdistan" benutzt. Zum ersten Mal habe ein türkisches Staatsoberhaupt diesen Begriff öffentlich benutzt, berichtete die Zeitung "Hürriyet".

Gül hatte im Gespräch mit türkischen Reportern das von den irakischen Kurden regierte Gebiet im Nordirak als "Kurdistan" bezeichnet. Der Begriff wurde von Ankara bisher stets vermieden, weil er aus türkischer Sicht das Streben nach einem eigenen Kurdenstaat unterstreicht. Gül sagte dagegen, das Wort stehe nun einmal in der irakischen Verfassung.

Bei seinem Besuch in Bagdad, dem ersten eines türkischen Präsidenten seit 33 Jahren, versucht Gül vor allem, die Bemühungen um eine Entwaffnung der im Nordirak verschanzten Kurdenrebellen von der PKK voranzubringen.

Die Türkei bereitet nach einem Zeitungsbericht die Öffnung ihrer geschlossenen Grenze zum Nachbarland Armenien vor. Ein entsprechendes Maßnahmenpaket solle noch vor dem Besuch von US-Präsident Barack Obama in der Türkei in zwei Wochen vorgelegt werden, berichtete die Zeitung "Taraf".

Auch die Aufnahme diplomatischer Beziehungen zu Eriwan sei vorgesehen. Gleichzeitig will die Türkei ihren Vorschlag an Armenien erneuern, die Massaker an den Armeniern im Osmanischen Reich von einer gemeinsamen Historikerkommission untersuchen zu lassen. Von offizieller Seite lag zunächst keine Stellungnahme zu dem Bericht vor.

Die Beziehungen zwischen Türken und Armeniern sind durch die Massaker an den Armeniern im Jahr 1915 historisch belastet. Damals starben Hunderttausende. Durch einen Besuch des türkischen Staatspräsidenten Gül in Eriwan im vergangenen Jahr wurde eine vorsichtige Entspannung begonnen.

Türkische Intellektuelle haben sich im vergangenen Jahr in einer Internet-Botschaft für die "große Katastrophe" der Morde an den Armeniern entschuldigt. Zu den Erstunterzeichnern der Botschaft gehörte auch der deutsche Grünen-Vorsitzende Cem Özdemir.