Feuerpause war anfangs brüchig. Sondergesandter Blair pocht auf Zwei-Staaten-Lösung.

Tel Aviv/Gaza. Nach Israel hat auch die radikalislamische Hamas eine Waffenruhe für den Gazastreifen ausgerufen. Die Hamas forderte dabei von Israel einen Truppenabzug aus dem Gazastreifen binnen einer Woche sowie eine Öffnung der Grenzübergänge, damit humanitäre Hilfe passieren könne.

Ein Sprecher der Organisation Islamischer Dschihad in Gaza sagte nach einem Treffen von Palästinenservertretern im syrischen Damaskus, die Palästinenser seien offen für Vermittlungsbemühungen Ägyptens, der Türkei, Syriens sowie anderer arabischer Staaten, die zu einem vollständigen Rückzug der israelischen Kräfte aus dem Gazastreifen sowie einer dauerhaften Öffnung der Kontrollpunkte führen.

Israel hatte am Sonnabendabend eine einseitige Waffenruhe verkündet. Die radikalislamische Hamas hatte daraufhin zunächst gedroht, sie werde ihre Angriffe gegen Israel fortsetzen, solange die israelische Armee im Gazastreifen bleibe. Israels Regierungschef Ehud Olmert sagte vor der wöchentlichen Kabinettssitzung in Jerusalem, sie müsse von Minute zu Minute "neu bewertet" werden. Sollte die Hamas nicht mit ihren Angriffen auf Israel aufhören, werde die israelische Armee reagieren. Generalstabschef Gabi Aschkenasi erklärte, dass die Militäroperation "noch nicht zu Ende" sei. Die Truppen im Gazastreifen hätten den Befehl erhalten, feindliches Feuer zu erwidern.

Israels Militär griff gestern Morgen ein Kommando mit Raketenwerfern in Beit Hanun nordöstlich der Stadt Gaza aus der Luft an. Die Gruppe habe zuvor Raketen auf die israelische Stadt Sderot geschossen, sagte ein Armeesprecher. Insgesamt seien sieben Geschosse in Israel eingeschlagen - ohne jedoch Schäden zu verursachen. Zuvor hatten bereits Hubschrauber und Panzer in Gaza auf bewaffnete Angreifer geschossen, wie die Armee mitteilte. Auch in Rafah im Süden des Gazastreifens gab es nach Angaben von Augenzeugen Schusswechsel.

Bei Bergungsarbeiten im Gazastreifen fanden Rettungskräfte mindestens 95 Leichen. Die Mehrzahl der Toten sei aus Trümmern von zerbombten Gebäuden in den Städten Dschabalija und Beit Lahija im Norden des Palästinensergebiets sowie im Stadtteil Seitun in Gaza entdeckt worden. Seit Beginn der israelischen Luftangriffe auf den Gazastreifen am 27. Dezember 2008 kamen nach Angaben von palästinensischen Rettungskräften rund 1300 Palästinenser ums Leben, darunter mehr als 400 Kinder. Mehr als 5300 Menschen wurden verletzt.

Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) begrüßte die angekündigte Einstellung der Angriffe in Nahost. Er forderte besonders die Hamas eindringlich auf, ihre Zusagen einzuhalten und alle Angriffe einzustellen. Jetzt komme es darauf an, die Not leidende Bevölkerung möglichst schnell mit dem Allernotwendigsten zu versorgen. Viele politische Beobachter hatten erwartet, dass Israel ein Ende der Kämpfe bis zur morgigen Amtsübernahme des neuen US-Präsidenten Barack Obama anstrebt, um den Beziehungen zu den USA nicht zu schaden. Die USA sind Israels mächtigster Verbündeter. Eine Sprecherin Obamas erklärte, der künftige Präsident werde sich für einen Frieden zwischen Israelis und Palästinensern einsetzen und sich nach der Amtseinführung erneut über die Lage in Nahost äußern.

Der Nahost-Gesandte Tony Blair pocht nach dem Waffenstillstand im Gazastreifen auf eine "Zwei-Staaten-Lösung" in der Krisenregion. Die Ruhe werde nicht halten, wenn nicht Fortschritte bei einer politischen Lösung erzielt würden. Daher müsse es einen "wirklich glaubhaften Prozess" für eine Lösung mit zwei Staaten geben, sagte der frühere britische Premierminister der BBC.