Rachida Dati kehrte nach fünf Tagen ins Amt zurück. Politikerinnen aus Deutschland unterstützen sie.

Rachida Dati (43) ist derzeit Frankreichs unangefochtener Spaltpilz. Seit die Justizministerin vor einer Woche - nur fünf Tage nach der Geburt ihrer Tochter Zohra - wieder zur Kabinettssitzung erschien, tobt eine heftige Debatte über Frauen in Spitzenfunktionen und "Rabenmütter". Frauenrechtlerinnen, Frauenärzte und Gynäkologenverband wettern und warnen. Datis Verhalten liefere Arbeitgebern einen Vorwand, um Frauen mit "unerträglichem Druck" zur eiligen Rückkehr in den Job zu bewegen, so das Kollektiv für die Rechte der Frauen. Der gesetzliche Mutterschutz beträgt in Frankreich normalerweise 16 Wochen. Amtsgeschäfte statt Rückbildungsgymnastik?

Die Entscheidung der attraktiven Ministerin trifft einen Nerv, nicht nur in Frankreich. Wer entscheidet, ob die Babypause von Spitzenfrauen in Politik und Wirtschaft zu lang oder zu kurz ist?

Das Abendblatt fragte deutsche Spitzenpolitikerinnen - und die Antwort fällt klar aus: "Wann eine berufstätige Frau nach der Geburt ihres Kindes an ihren Arbeitsplatz zurückkehrt, muss jede für sich vor dem Hintergrund ihrer persönlichen und beruflichen Situation selbst entscheiden", sagt Hildegard Müller (CDU), bis 2008 Staatsministerin im Kanzleramt und enge Vertraute Angela Merkels, inzwischen Hauptgeschäftsführerin des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft.

"Das ist eine höchstpersönliche Entscheidung, die nicht allgemeingültig beantwortet werden kann. Es ist eine Frage des persönlichen Wohlergehens und der persönlichen Rahmenbedingungen", sagt die bayerische Sozialministerin Christine Haderthauer (46, CSU). Sie könne sich vorstellen, dass Dati als geübtes Kabinettsmitglied ihre Entscheidung genau abgewogen habe. "Die Teilnahme an einer Kabinettssitzung bedeutet ja noch nicht, dass sie ab sofort einen 16-stündigen Arbeitstag absolviert."

"Das ist absolut Sache der Frau", sagt auch Silvana Koch-Mehrin (38), Spitzenkandidatin der FDP für die Europawahl 2009 und Mutter von drei Töchtern. "Es ist eine wirkliche Errungenschaft, dass Frauen selbst entscheiden können, dass es keinen gibt, der sagt: Wenn ein Kind kommt, ist die Karriere vorbei. Dafür hat die Frauenbewegung jahrzehntelang gekämpft."

Als Hildegard Müller im Oktober 2006 ihr erstes Kind bekam, stellte sie fest, dass es für Staatsministerinnen und Mitglieder der Bundesregierung keine ausdrücklichen Regelungen zu Mutterschutz und Elternzeit gibt. Sie ließ ihr Amt für ein Jahr ruhen - ohne Bezüge.

Haderthauer bekam ihre erste Tochter "genau zwischen der schriftlichen und der mündlichen Prüfung meines juristischen Staatsexamens, da ließen sich die Mutterschutzfristen auch nicht einhalten". Bei ihrem Sohn zweieinhalb Jahre später habe sie als Referendarin die Elternzeit von acht Monaten genommen.

Silvana Koch-Mehrin hatte eine Beratungsfirma, als 2003 ihre erste Tochter zur Welt kam. Sie habe zehn Tage nach der Geburt wieder mit der Arbeit begonnen, denn "jeder Tag, den ich nicht gearbeitet hätte, wäre mit Konsequenzen für mich wie auch für meine Mitarbeiter verbunden gewesen". Das Baby war jedoch immer in Reichweite, sie konnte Stillpausen machen. Bei ihren beiden jüngeren Töchtern war sie schon Europaabgeordnete, Mitarbeiter halfen beim Wickeln.

Sie hat Verständnis für Dati: "Wenn man einen Spitzenjob macht, ob in Wirtschaft oder Politik, dann schaltet man nicht für zehn Tage sein Mobiltelefon aus, wenn man in den 'Ferien' ist", sagt Koch-Mehrin.

In der noch kleinen Riege der bisherigen Top-Politikerinnen-Mütter sahen die Lösungen bisher sehr unterschiedlich aus. Die französische Sozialistin Segolène Royal bekam ihr viertes Kind 1992 als Umweltministerin und kehrte schon kurz darauf ins Büro zurück. Spaniens Verteidigungsministerin Carme Chacón nahm 2008 immerhin sechs von den gesetzlichen 16 Wochen Mutterschutz.

Den Rekord hält Sarah Palin, Gouverneurin von Alaska und Amerikas bekannteste Republikanerin: Nach der Geburt ihres fünften Kindes im Mai 2008 hielt sie es gerade mal drei Tage zu Hause aus.

Aber Dati ist ein Sonderfall. Sarkozys Vorzeige-Migrantin, aufgewachsen in einer marokkanischen Einwandererfamilie mit elf Kindern in Burgund, zeigte sich als Ministerin immer als moderne, unabhängige Frau, die den Aufstieg geschafft hat und für ihre Tochter nicht einmal einen Vater braucht. Beruflich will sie keinerlei Schwäche zeigen. Als Mutter setzt sie sich damit unter ungeheuren Druck.