Russland will vom heutigen Dienstag an wieder Erdgas durch die Ukraine nach Westeuropa liefern. “Wenn es keine Hindernisse gibt, wird der...

Brüssel. Russland will vom heutigen Dienstag an wieder Erdgas durch die Ukraine nach Westeuropa liefern. "Wenn es keine Hindernisse gibt, wird der Gastransport um acht Uhr europäischer Zeit beginnen", versprach der Vizechef des russischen Gasmonopolisten Gazprom, Alexander Medwedew, gestern in Brüssel. "Wir hoffen alle, dass dies morgen geschieht." Letzter offener Punkt war der Einsatz internationaler Beobachter an den Messstationen.

"Wir haben die noch offenen Probleme mit der russischen Seite gelöst", sagte EU-Energiekommissar Andris Piebalgs. Es werde etwas dauern, bis das Gas dann bei den Konsumenten ankomme. Entgegen früheren Angaben rechne er dafür aber nur mit einer vergleichsweise kurzen Zeitspanne von etwa 24 bis 30 Stunden, sagte Piebalgs, der zuvor von drei Tagen gesprochen hatte.

Medwedew bestätigte EU-Angaben, wonach alle Seiten die gemeinsame Vereinbarung zur Entsendung von Beobachtern an die Messstationen in ihrer Originalfassung unterzeichnet haben. Moskau hatte die Wiederaufnahme der Gaslieferungen zuletzt noch abgelehnt, weil die ukrainische Seite zusätzliche Bemerkungen zu dem Dokument formuliert hatte. In der eigenmächtig angefügten Erklärung hatte sich Kiew gegen den russischen Vorwurf des Gasdiebstahls gewehrt. Gestern zog die Ukraine diese Erklärung zurück. Der seit knapp einer Woche andauernde Lieferstopp hat in großen Teilen Südosteuropas zu einem Gas-Notstand geführt.

EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso sagte zu Lieferzusagen des russischen Regierungschefs Wladimir Putin: "Ich hoffe, dieses Versprechen wird nun eingehalten." Putin habe versprochen, das Gas werde wieder geliefert, sobald die Beobachter an Ort und Stelle seien. "Die Beobachter werden heute einsatzbereit sein, und wir können keine weiteren Verzögerungen oder Entschuldigungen dafür akzeptieren, dass europäische Bürger im Kalten sitzen und das Gas nicht bekommen, für das sie bezahlen", betonte Barroso.

Moskau machte neben dem Abkommen auch eine lückenlose Überwachung der Transitstrecke durch internationale Experten zur Bedingung. Am Wochenende traten Fachleute in Russland und in der Ukraine ihren Dienst an. Gazprom-Vize Medwedew betonte in Brüssel, an mehreren Orten fehlten noch Beobachter. Die Flugzeuge stünden aber bereit, um die Experten an die Messstationen zu bringen.

Neuer Streit kündigte sich über die Dauer des Einsatzes an. Gazprom-Vertreter sagten, die Beobachter könnten eine dauerhafte Überwachung der Lieferungen gewährleisten. Die Ukraine will die Mission nach früheren Angaben hingegen auf einen Monat begrenzen. Staatssekretär Peter Hintze vom Bundeswirtschaftsministerium schlug eine Einsatzgruppe für künftige Konflikte vor: "Wir brauchen einen Mechanismus, mit dem wir zukünftige Krisen - ich denke da sorgenvoll an den nächsten Winter - schneller abwenden können."

Seit einigen Tagen versorgt Gazprom den Westen verstärkt über die nördliche Route durch Weißrussland und Polen nach Deutschland. Diese Lieferungen erreichen aber nicht alle betroffenen EU-Länder. In Bulgarien haben Unternehmen wegen des Lieferstopps bisher Verluste von insgesamt 35 Millionen Euro verzeichnet. Das Land ist zu 95 Prozent von russischen Gaslieferungen durch die Ukraine abhängig und erhält seit fast einer Woche kein Gas mehr. Auslöser für die in der Geschichte der russischen Gasexporte bislang einmalige Blockade ist der Streit zwischen Moskau und Kiew um Gaspreise und Transitgebühren.