Vermittlungen und Appelle scheiterten bislang alle. Israel will die Hamas zunächst militärisch zerschlagen.

Hamburg/Gaza/Jerusalem. Als das 13. Bataillon der Golani-Brigade in Saariya im nördlichen Gazastreifen unter heftiges Mörserfeuer der Hamas geriet, suchten Yousef Moadi (19) aus Haifa, Stabsfeldwebel Nitai Stern (21) aus Jerusalem und Oberstabsarzt Dagan Wartman (32) aus Maaleh Michmash mit ihrer Einheit Deckung in einem leer stehenden Haus. Die Besatzung eines Merkava-Kampfpanzers sah Bewegung in dem Gebäude, vermutete dort Hamas-Kämpfer und feuerte eine Granate ab.

Das Haus stürzte ein, die drei Soldaten starben, 24 weitere Israelis wurden verletzt. Wenig später kam Fallschirmjäger-Hauptmann Yehonatan Netanel, (27) aus Kedumim ums Leben - offenbar ebenfalls durch "friendly fire" der eigenen Kameraden. Der Kommandeur der Brigade, Oberst Avi Peled, wurde verwundet. Damit sind inzwischen fünf israelische Soldaten bei der Operation "Gegossenes Blei" gefallen - und vermutlich rund 650 Palästinenser. Darunter waren auch 13 Mitglieder einer palästinensischen Familie mit sieben Kindern, die bei einem Luftangriff ums Leben kamen. Fast 3000 Palästinenser wurden verletzt.

Ärzte und Hilfsorganisationen schilderten die humanitäre Lage als absolut dramatisch.

Zum ersten Mal schlug eine Hamas-Rakete über 45 Kilometer entfernt vom Gazastreifen in Israel ein und verwundete einen Säugling. Israels Regierungschef Ehud Olmert erklärte, die Operation "Gegossenes Blei" gehe weiter; ein Waffenstillstand komme nicht infrage, solange die Hamas Raketen auf Israel schieße und Waffen in den Gazastreifen schmuggele.

Forderungen einer EU-Delegation nach einer Waffenruhe lehnte auch Außenministerin Zipi Livni ab: "Wir werden keine Absprache mit Terroristen treffen."

"Unsere Soldaten rücken planmäßig vor", sagte Israels Generalstabschef Gabi Aschkenasi gestern. Die Armee drang in Gaza in die Viertel Seitun, Tuffah und Schudschaija ein, ferner in die zweitgrößte Stadt im Gazastreifen, Chan Junis, zudem in Dschabalia und Beit Lahia im Norden.

Militärexperten hatten die israelische Armee vor einem Vordringen in die Städte von Gaza gewarnt. Ortskampf gilt als eine der schwierigsten Kampfarten, bei der technologische Vorsprünge in Ausrüstung und Bewaffnung kaum zählen. Auch Panzer nützen wenig - sie sind in Trümmergelände hochgradig gefährdet. Es kommt zu einem Kampf Mann gegen Mann.

Umso erstaunter waren Experten, dass Israels Armee, die Zahal, nun doch in die Orte eingedrungen ist. Doch die Zahal hat nach dem Debakel gegen die schiitische Hisbollah im Libanon 2006 den Häuserkampf gezielt trainiert und ihre Taktik geändert. Gaza werde kein Stalingrad für Israel werden, meinte die "Jerusalem Post".

Im Laufe des vergangenen Jahres haben Einheiten wie die legendären Golani- und Givati-Brigaden im Zentrum für Städtekampf bei Tze'elim in der Negev-Wüste trainiert. Dazu wurden Teile von Gaza-Stadt nachgebaut - inklusive Marktplätzen und Randbezirken. Auch das Duplikat eines Flüchtlingslagers entstand im "Urban Training Center" der Bodentruppen.

Zudem hat die Zahal taktische Konsequenzen aus den Erfahrungen im Libanonkrieg gezogen: Bislang hatten die Soldaten sich zunächst um ihre Verwundeten gekümmert, wenn ein Panzer oder gepanzerter Mannschaftstransporter in Brand geschossen worden war. Die Hisbollah nutzte diese Minuten und deckte die bergenden Truppen mit einem Geschosshagel ein. Das Ergebnis: viele Tote und Verwundete. In Gaza kämpfen die israelischen Soldaten jetzt erst einmal den Widerstand der Hamas mit voller Feuerkraft nieder, bevor sie sich um die eigenen Verwundeten kümmern.

Der Stil des Vorgehens der Zahal im Ortskampf von Gaza wird insgesamt als "langsam, aber sehr aggressiv" beschrieben.