Bundesverteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) hat die radikalislamischen Taliban aufgefordert, ihre Waffen niederzulegen und zu verhandeln. Bei einem Truppenbesuch im nordafghanischen Feisabad appellierte Jung an die Aufständischen, „der Gewalt abzuschwören“.

Feisabad/Berlin. Mit einem symbolischen ersten Spatenstich hat Verteidigungsminister Franz Josef Jung in Afghanistan den Ausbau des deutschen Luftstützpunkts Masar-i-Sharif zum internationalen Luftdrehkreuz gestartet. Der CDU-Politiker sagte bei einem Truppenbesuch, das Projekt sei für Afghanistan das "Tor zur Welt. Der Ausbau von Masar-i-Sharif diene sowohl der Sicherheit als auch der Wirtschaft des Landes. Großraumflugzeuge könnten landen, was sowohl die militärische Versorgung als auch die wirtschaftliche Entwicklung erleichtere.

Jung war am Morgen über den deutschen Stützpunkt Termes in Usbekistan in Afghanistan eingetroffen. Er besuchte auch Feisabad, um Fortschritte beim Brückenbau über den Fluss Kokscha zu überprüfen. Das Projekt soll der besseren Anbindung des dortigen Wiederaufbauteams dienen. Kundus stand für den morgigen Mittwoch auf dem Programm. Vor allem dort hat sich im vergangenen Jahr die Lage so sehr verschlechtert, dass die Bundeswehr zur eigenen Sicherheit bereits Verstärkung herangezogen hat. Immer wieder schlagen Raketen im Lager des Wiederaufbauteams ein; Patrouillen müssen verstärkt auf Sprengfallen achten.

Zur Absicherung der Präsidentschaftswahl im August stockt die Bundeswehr ihre Truppe um 600 Soldaten auf, von denen 400 dauerhaft stationiert bleiben sollen. Derzeit sind in Afghanistan und Usbekistan 3800 Bundeswehrsoldaten im Einsatz. Das Mandat des Bundestags erlaubt eine Verstärkung von 4500 Soldaten.

Der US-Vorschlag aus, mit moderaten Taliban zu verhandeln, ist unterdessen mit Skepsis beurteilt worden. US-Vizepräsident Joe Biden stellte sich gestern hinter einen entsprechenden Vorschlag von US-Präsident Barack Obama. "Ich denke, die Mühe lohnt, herauszufinden, ob es jene gibt, die bereit sind, an einem sicheren und stabilen afghanischen Staat mitzuwirken", sagte Biden in Brüssel nach Gesprächen mit den Botschaftern der 26 Nato-Staaten."Wir gewinnen den Krieg nicht, aber er ist auch keineswegs verloren", sagte er zum militärischen Einsatz der Nato gegen die Taliban in Afghanistan.

Jung befürwortete zwar Verhandlungen, beurteilte die Erfolgsaussichten aber pessimistisch. Dass ein Sprecher von Taliban-Chef Mullah Omar Verhandlungen abgelehnt habe, zeige allerdings, "dass Mullah Omar weiter an einem gewalttätigen, einem radikalen und auch für Afghanistan sehr schädlichen Kurs festhalten will".

Der parlamentarische Staatssekretär im Bundesverteidigungsministerium, Christian Schmidt (CSU), sagte im ZDF: "Wichtig ist, dass wir nicht mit weißlackierten Terroristen reden." Dies berge nur neue Gefahren. Allenfalls könne man mit denjenigen reden, die zwar konservativ und "extrem islamisch" seien, aber "den Gottesstaat nicht mit Gewalt umsetzen" wollten: "Aber da habe ich noch niemanden gesehen, den man als Ansprechpartner in der konkreten Situation gesucht hätte".

Der Vorsitzende der Münchner Konferenz für Sicherheitspolitik, Wolfgang Ischinger, begrüßte dagegen Obamas neue Afghanistan-Strategie. Der frühere Botschafter in Washington und London sagte im Deutschlandfunk, der Afghanistankonflikt sei nicht alleine mit militärischen Mitteln zu lösen. Das Prinzip, Gesprächspartner zu suchen, sei richtig. Dabei dürfe man aber nicht glauben, dass es eine Partei radikaler und eine weitere Partei moderater Taliban gebe. Die Lage sei viel komplizierter. Gesprächspartner gebe es aber.