Gut ein Jahr nach der offiziellen Machtübernahme von seinem Bruder Fidel hat der kubanische Staatschef Raul Castro der Regierung seinen Stempel aufgedrückt. Nach Angaben des Staatsfernsehens tauschte er mehrere Vertraute seines Bruders im Kabinett aus und schnitt Ministerien neu zu.

Havanna. Der kubanische Staatschef Raul Castro hat überraschend die Regierung umgebildet und enge Vertraute seines Bruders Fidel durch eigene Gefolgsleuten ersetzt. Prominentestes Opfer der Kabinettsumbildung ist der langjährige Außenminister Felipe Perez Roque, der lange Zeit sogar als möglicher künftiger Staatschef im Gespräch war. Neuer Außenminister wird nach offiziellen Angaben sein bisheriger Stellvertreter Bruno Rodriguez.

Der größte Umbau der Regierung seit Rauls Castros Machtantritt vor einem Jahr ließ Fragen laut werden, wer denn nun die besten Karten hat, eines Tages der Nachfolger des 77-jährigen Staatschefs zu werden. Die derzeitige Nummer zwei im Machtapparat, Jose Ramon Machdo Ventura, ist noch ein Jahr älter als Raul Castro. Ein Favorit trat auf der Kabinettsliste nicht klar in Erscheinung.

Der 43-jährige Perez Roque war lange Jahre Fidel Castros persönlicher Sekretär. Als Außenminister war er fast ein Jahrzehnt im Amt und tat sich vor allem mit wilden Verurteilungen der US-Politik hervor. Ein neuer Posten für ihn wurde nicht bekannt.

Vizepräsident Carlos Lage verliert sein Amt als Kabinettssekretär, bleibt aber offenbar weiter einer von fünf Stellvertretern Raul Castros im Staatsrat. Lages Nachfolger in der Regierung wird General Jose Amado Ricardo Guerra, ein enger Weggefährte Castros. Abgelöst wurden auch Wirtschaftsminister Jose Luis Rodriguez, Finanzministerin Georgina Barreiro Fajardo und Arbeitsminister Alfredo Morales Cartaya. Ein weiterer enger Vertrauter Fidel Castros, Jose Miguel Miyar Barruecos, verliert das Amt des Sekretärs des Staatsrats. Er übernimmt stattdessen den vakanten Posten des Wirtschafts- und Umweltministers.

Einige Ministerien sollen künftig zusammengelegt werden, um Raul Castros Forderung nach "kompakterer und zweckmäßigerer Struktur" gerecht zu werden. Raul Castro hatte vor einem Jahr das Amt des Staatchefs von seinem erkrankten, 81-jährigen Bruder Fidel übernommen. Der "maximo lider" blieb aber eine politische Instanz in Kuba und greift durch Kommentare und Artikel weiter in das Geschehen ein.

"Es gibt nichts, was darauf hindeutet, dass dies (die Kabinettsumbildung) in irgendeiner Form eine Reaktion auf Vorgänge in den Vereinigten Staaten ist", erklärte der Kuba-Experte Phil Peters vom Lexington-Institut nahe Washington. Es sei noch zu früh zu sagen, ob die Regierungsumbildung in Havanna die Beziehungen zu der neuen Regierung in Washington beeinflussen werde. US-Präsident Barack Obama hatte vorgeschlagen, die Sanktionen gegen Kuba zu lockern. Dies hatte Hoffnungen genährt, beide Staaten könnten Verhandlungen aufnehmen, um ihre jahrzehntealte Feindschaft zu beenden.