In Israel ist immer noch nicht klar, wer das Land regieren wird. Sowohl die Kadima-Vorsitzende Zipi Livni,

Tel Aviv. Zwei Tage nach den israelischen Parlamentswahlen ist immer noch nicht klar, wer das Land regieren wird. Sowohl die Kadima-Vorsitzende Zipi Livni, deren Partei mit 28 Mandaten rechnerisch die Wahl gewonnen hat, als auch der Likud-Chef Benjamin Netanjahu (27 Mandate) beraten mit möglichen Koalitionspartnern. Die Bemühungen gelten dabei insbesondere der Rechtspartei Israel Beitenu.

Deren Parteichef Avigdor Lieberman weiß um seine Schlüsselrolle bei der Regierungsbildung und hat in Gesprächen mit Netanjahu und Livni Medienberichten zufolge Forderungen gestellt, die beide nur schwer erfüllen können. Lieberman wolle Außenminister werden, berichtete die Zeitung "Maariv", und beanspruche das Innenministerium für seine Partei. Außerdem wolle Lieberman den umstrittenen Justizminister Daniel Friedman im Amt belassen. Friedman will die Kompetenzen des Obersten Gerichtshofes einschränken.

Zumindest die Forderung zur Einführung einer nicht religiösen Lebensgemeinschaft und weiterer Reformen im Verhältnis von Staat und Religion könnte Lieberman in einer von Kadima geführten Regierung leichter umsetzen als mit dem Likud, der eine Regierungsmehrheit wohl nur mit den orthodoxen Parteien Schas und Vereinigtes Thora-Judentum erreichen kann. Lieberman ist auch nicht gegen eine Zwei-Staaten-Lösung, er möchte sogar dem zukünftigen Palästinenserstaat auch gleich noch einen überwiegend von Arabern bewohnten Teil des israelischen Staatsgebietes zuteilen. Für die ideologisch motivierten Siedlerparteien ist das nicht akzeptabel.

Für Netanjahu werden die Verhandlungen dadurch erschwert, dass die Arbeitspartei von Ehud Barak nach ihrer verheerenden Wahlniederlage wohl in die Opposition gehen will. Und Zipi Livni wird wohl erst darüber nachdenken, einer von Netanjahu geführten Koalition beizutreten, wenn dieser schon über eine solide Mehrheit verfügt.

Denn noch will Livni nicht aufgeben. Sie werde "für ihre Wähler" um das Amt der Ministerpräsidentin kämpfen. Sie hat allerdings auch angekündigt, nicht bereit zu sein, einzelnen Parteien einen "exorbitant hohen Preis" für den Koalitionsbeitritt zu zahlen. In dieser Frage hat sie schon einmal Rückgrat bewiesen: Nach ihrer Wahl zur Vorsitzenden der Kadima-Partei im vergangenen September hatte sie den Forderungen der sefardisch-orthodoxen Schas-Partei nach einer Erhöhung des Kindergeldes und mehr Subventionen für religiöse Bildungseinrichtungen widerstanden und sich lieber auf Neuwahlen eingelassen. Es wäre kaum zu verstehen, wenn sie den unveränderten Forderungen der Religiösen nun auf einmal nachgeben würde. Sollte Livni die Regierungsbildung nicht gelingen, könne Kadima auch in die Opposition gehen.

Netanjahu hingegen hätte am liebsten eine Koalition seines Likud mit Kadima, Israel Beitenu und den beiden orthodoxen Parteien Schas und Vereinigtes Thora-Judentum. Die beiden im Parlament vertretenen Siedlerparteien scheinen das zu ahnen.

Ausgerechnet die Siedlerpartei Nationale Union kündigte nun an, man werde bei Präsident Peres nicht in jedem Fall Netanjahu für das Amt des Ministerpräsidenten empfehlen. Parteichef Jaakov Katz sagte, Netanjahu solle versprechen, keine Siedlungen zu räumen, nicht mit den Palästinensern zu verhandeln, das Kindergeld zu erhöhen sowie religiöse und ultraorthodoxe Bildungseinrichtungen finanziell zu unterstützen.