Der chinesische Regierungschef hat bereits um Gnade für den deutschen Studenten gebeten, der mit seinem Turnschuh nach ihm geworfen hat. Die Staatsanwälte ließen sich davon nicht beeindrucken. Das Gerichtsverfahren geht weiter, wenn auch erst im März.

Cambridge. Der deutsche Student Martin J., der den chinesischen Regierungschef Wen Jiabao an der Universität Cambridge mit einem Schuh beworfen hatte, hat vor Gericht auf nicht schuldig plädiert. Der 27-Jährige musste sich gestern in der ostenglischen Stadt wegen Störung der öffentlichen Ordnung verantworten. Das Verfahren wurde nach wenigen Minuten auf den 10. März vertagt.

Martin J. erschien in einem schwarzen Anzug und einem blauen T-Shirt vor Gericht. Er und seine Anwältin Catherine Bradd verweigerten jeden Kommentar. Nicht einmal seinen deutschen Geburtsort wollte der junge Mann nennen. Er nannte lediglich seinen Namen, seine Adresse und bekannte sich nicht schuldig. Nach fünf Minuten war der Auftritt vorbei.

Die Staatsanwaltschaft teilte mit, sie wolle in der Prozesspause mehr Beweismaterial wie Videoaufnahmen von der Veranstaltung in der Universität auswerten. Martin J. war am Montag vergangener Woche während einer Rede Wens in der Universität aufgestanden und hatte einen Turnschuh in Richtung des Ministerpräsidenten geworfen. Dabei rief er: "Das ist ein Skandal. Wie könnt ihr den Lügen dieses Diktators zuhören?" Der Schuh verfehlte Wen um etwa einen Meter. Dem 27-Jährigen drohen bis zu sechs Monate Haft, ein Bußgeld von umgerechnet 5730 Euro und ein Ausschluss von der renommierten Universität.

Wen hatte vor Prozessbeginn um Nachsicht für den Doktoranden gebeten. Der Regierungchef habe sich dafür ausgesprochen, dass der 27-Jährige seine Arbeit an der Universität fortsetzen könne, teilte das Außenministerium in Peking mit. Der Doktorand arbeitet seit Jahren an der Universität Cambridge, zuletzt im Fachbereich Pathologie.

Vorbild für den Schuhwurf war offenbar der berühmte gewordene Vorfall im Dezember in Bagdad: Der irakische Fernsehjournalist Muntaser el Saidi hatte seinen Schuh in Richtung des damaligen US-Präsidenten George W. Bush geworfen und damit weltweit für Aufsehen gesorgt. Mitschnitte der Szene wurden vor allem in der arabischen Welt bejubelt. Saidi wurde festgenommen und muss sich ab dem 19. Februar vor Gericht verantworten.