Wegen seiner Irak-Politik muss Schröder viel Kritik einstecken, doch die Genossen stehen ihm bei. Eine Analyse von Andreas Thewalt.

Unter dem Eindruck der Irak-Krise schart sich die SPD-Bundestagsfraktion in Berlin jetzt demonstrativ um Bundeskanzler Gerhard Schröder. Am Montagabend versuchte Schröder in einer halbstündigen Rede, die SPD-Parlamentarier in einer Sondersitzung auf seinen Kurs einzuschwören und hatte damit großen Erfolg. "Mucksmäuschenstill" sei es bei Schröders Rede gewesen, berichtete hinterher Fraktions-Vize Ludwig Stiegler. Immer wieder wurde Schröder von Zwischenapplaus unterbrochen, am Ende laut Teilnehmern mit riesigem Beifall gefeiert. Der Kanzler sagte, nur der eigenen Bevölkerung fühle er sich mit seinem Nein zum Krieg verpflichtet, nicht anderen Ländern oder Regierungschefs. Rot-Grün habe von den Menschen das Mandat erhalten, sich für den Frieden einzusetzen. Und dabei werde es bleiben. In der Irak-Frage sei Schröder von der Fraktion "fast auf Händen getragen worden", begeisterte Stiegler sich noch im Nachhinein. Nach den Wahldebakeln in Niedersachsen und Hessen hatten vorher etliche Sozialdemokraten mit heftiger Kritik an Schröders Innen-, Sozial- und Wirtschaftspolitik gerechnet. Doch massive Attacken blieben weitgehend aus. "Superminister" Wolfgang Clement musste sich, so hieß es, einige Kritik anhören, vor allem wegen seiner Ideen zur Lockerung des Kündigungsschutzes. Doch unter dem Druck der Irak-Krise übten die Abgeordneten vor allem den Schulterschluss. Schröder konnte sich gestärkt fühlen. Gestern impfte dann Fraktionschef Franz Müntefering den Seinen laut Teilnehmern nochmals ein, dass es auf Geschlossenheit nun unbedingt ankomme: "Wir marschieren auf der Kante", warnte er. Ließen sich Partei, Fraktion und Kanzler auseinander dividieren, dann werde es ganz schwer für die Koalition. Nun soll die gemeinsame Politik enger und besser abgestimmt werden, die Fraktion stärker eingebunden werden. Ganz ohne Widerspruch blieb Schröders Irak-Politik in den eigenen Reihen allerdings nicht. Der Hamburger SPD-Abgeordnete Hans-Ulrich Klose, Vize-Vorsitzender des Auswärtigen Bundestagsausschusses, hatte Montagabend in der Fraktion den Kurs des Kanzlers deutlich kritisiert. Schröder habe Kloses Angriff mit deutlicher Schärfe zurückgewiesen. Der Hamburger vertrete "eine extreme Minderheitenposition", hieß es aus der Fraktion. Gestern dann erklärte Klose, er sehe die deutsche Politik vor einem "Scherbenhaufen". Im Fernsehsender Phoenix sagte er, im deutsch-amerikanischen Verhältnis gebe es große Probleme, "vor allen Dingen ganz oben in der Spitze, und zwar auch so, dass es nicht mehr reparabel ist". Auch der ostdeutsche SPD-Abgeordnete Markus Meckel äußerte sich in einem Interview gestern kritisch zum Regierungskurs. Die heftige Kritik der Union an der Irak-Politik der Regierung beantwortete SPD-Generalsekretär Olaf Scholz gestern mit einer scharfen Gegenattacke. Die Union schade "den Interessen unseres Landes". Über 80 Prozent der Menschen in Deutschland hätten sich "gegen den kriegsbefürwortenden Kurs der Union ausgesprochen" erklärte Scholz. Dieser klaren Mehrheit fühle sich die SPD verpflichtet.