Der Chef der sozialistischen Pasok-Partei, Evangelos Venizelos, sprach am Donnerstag nach einem Sondierungstreffen mit der Demokratischen Linken von einem „guten Omen“ für eine mögliche Koalition. Venizelos ist als dritter Parteiführer mit der Regierungsbildung beauftragt. Der Chef der Linkspartei, die der Pasok im Bündnis mit den Konservativen an die Macht verhelfen könnte, zeigte sich grundsätzlich bereit zur Bildung einer Koalition, beharrte aber auf einer Aufgabe des Sparkurses.

Istanbul/Athen. Erstmals seit den Wahlen vom vergangenen Sonntag gibt es in Griechenland Hoffnung auf die Bildung einer handlungsfähigen Regierung. Der Chef der sozialistischen Pasok-Partei, Evangelos Venizelos, sprach am Donnerstag nach einem Sondierungstreffen mit der Demokratischen Linken von einem „guten Omen“ für eine mögliche Koalition. Venizelos ist als dritter Parteiführer mit der Regierungsbildung beauftragt. Der Chef der Linkspartei, die der Pasok im Bündnis mit den Konservativen an die Macht verhelfen könnte, zeigte sich grundsätzlich bereit zur Bildung einer Koalition, beharrte aber auf einer Aufgabe des Sparkurses. Aus EU-Kreisen verlautete, die Euro-Zone werde ihre Hilfen aufrechterhalten, bis eine Regierung stehe. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble mahnte die Griechen eindringlich, nicht vom Weg der Reformen abzuweichen. Bei nochmaligen Wahlen kann das strikt gegen eine Umsetzung der Sparauflagen eingestellte Syriza-Parteienbündnis Umfragen zufolge mit einem Sieg rechnen.

+++ Venizelos versucht Regierungsbildung in Griechenland +++

Der Chef der Demokratischen Linken, Fotis Kouvelis, erklärte, mit der Bildung einer Koalition könne das südosteuropäische Land im Euro gehalten werden. Die Sparauflagen der internationalen Geldgeber lehnte aber erneut ab. „Ich schlage die Bildung einer ökumenischen Regierung vor, die das Mandat des Volkes respektiert.“ Bei der Wahl am Sonntag hatten die Griechen Sparbefürworter massiv abgestraft und sich radikaleren Parteien zugewandt, die den Konsolidierungskurs aufgeben wollen. Das mit EU und IWF vereinbarte Sparprogramm ist Knackpunkt der Koalitionsverhandlungen.

Einem ungenannten EU-Vertreter zufolge wird ein Ausscheiden des Landes aus der Währungsgemeinschaft beim nächsten Treffen der Eurogruppe am Montag aber kein Thema sein. „Ich kann keinen Appetit erkennen von Seiten Griechenlands, aus der Währungsunion auszuscheiden – ich sehe auch keinen Appetit seitens der 16 anderen Länder, dass Griechenland rausgehen soll“, sagte der mit der Vorbereitung des Treffens Vertraute.

Geldgeber drohen mit Ende der Unterstützung

Die Geldgeber drohten mit einem Ende der Unterstützung. „Das Land kann keine weitere Hilfe erwarten, wenn es die Reformen nicht vorantreibt“, mahnte EZB-Ratsmitglied Ewald Nowotny. Schäuble sagte, die internationale Gemeinschaft sei bereit zu tun, was immer nötig sei, um Griechenland auf seinem Weg zu helfen: „Aber das setzt, voraus, dass Griechenland diesen Weg geht.“ Die notwendigen Anpassungen seien sehr anspruchsvoll. Wer dem Volk etwas anderes einrede, werde seiner politischen Verantwortung nicht gerecht.

Griechenland droht Ende Juni das Geld auszugehen, wenn bis dahin keine neue Regierung im Amt ist und die Spar-Zusagen gegenüber den internationalen Helfern einhält. Scheitert auch die am Sonntag von den Wählern abgestrafte sozialistische Pasok an der Regierungsbildung, werden Mitte Juni Neuwahlen fällig. Erhalten die Spargegner dabei die Mehrheit, droht dem Land die Pleite und der Verlust des Euros.

In einer Umfrage des Instituts Marc deutete sich genau das an: Danach kann das linksradikale Syriza-Parteienbündnis mit einer Unterstützung mit rund 24 Prozent stärkste Kraft werden. Wirtschaftsexperten waren sich in einer Umfrage von Reuters denn auch uneins, ob Griechenland noch lange Mitglied der Euro-Gruppe bleibt. Eine knappe Mehrheit von 35 der 64 in den vergangenen zwei Tagen befragten Fachleute glaubt, dass die Griechen Ende des Jahres noch mit dem Euro bezahlen.

Der deutsche Chef des Euro-Rettungsfonds EFSF, Klaus Regling, machte deutlich, dass es keine weiteren Auszahlungen an Griechenland nach Juni geben werde, wenn zuvor nicht der nächste Besuch der Troika aus EU, IWF und EZB abgeschlossen sei. Die Troika beurteilt regelmäßig die Fortschritte Griechenlands bei seinem Reformprogramm. Der Rettungsfonds EFSF feuerte bereits einen Warnschuss ab: Von der seit längerem zugesagten Kredit-Tranche im Volumen von 5,2 Milliarden Euro wird wegen der unklaren politischen Lage zunächst einmal eine Milliarde einbehalten. Die Ratingagentur Standard & Poor’s warnte vor einer erneuten Absenkung der ohnehin extrem schwachen griechischen Bewertung, sollten der IWF oder die Euro-Zone ihre Hilfen einstellen.

Das radikale Linksbündnis hatte am Mittwochabend seine Bemühungen um eine Regierungsbildung aufgegeben. Zuvor war der Chef der konservativen ND, Antonis Samaras, daran gescheitert. Ihm hatte auch die Demokratische Linke einen Korb gegeben, die im neuen Parlament 19 Sitze stellt. Nach Gerüchten über eine erfolgreiche Koalitionsbildung in Athen baute der Leitindex der dortigen Aktienbörse seine Kursgewinne auf 4,2 Prozent aus. Der Bankenindex stieg um 13 Prozent.

Sollte Venizelos kein Regierungsbündnis zusammenbringen, ruft das Staatsoberhaupt alle Parteichefs zusammen und sucht eine Lösung. Sollte auch dies scheitern, wird eine amtierende Regierung ernannt, die das Land bis zu Neuwahlen führt.

Euro unter Druck – Anleger bleiben nervös

Frankfurt/Main (dpa) – Die Probleme in Griechenland und Spanien haben den Euro zum Wochenausklang unter Druck gebracht. Nach leichten Stabilisierungstendenzen am Vortag entfernt sich die Gemeinschaftswährung wieder von der Marke von 1,30 US-Dollar. Im frühen Handel fiel der Euro bis auf 1,2905 Dollar und wurde zuletzt leicht erholt bei 1,2921 Dollar notiert. Die Stimmung könnte sich schnell weiter eintrüben, warnen Experten.

Denn obwohl die Regierungsbildung in Griechenland nach einer chaotischen Woche nun doch noch gelingen könnte, sind die Märkte weiter verunsichert. Sozialistenchef Evangelos Venizelos will mit dem Vorsitzenden der Konservativen, Antonis Samaras, die Chancen für die Bildung einer pro-europäischen Regierung ausloten. Es wird jedoch befürchtet, dass Venizelos den Schulden-Deal mit Griechenlands Euro-Partnern neu verhandeln will.

Ein unerwarteter Erfolg bei der Regierungsbildung in Griechenland könne zunächst eine Euro-Erholung auslösen, ohne dass die Verunsicherungen rund um die griechischen Probleme damit endgültig verschwinden würden, sagt Ralf Umlauf, Währungsexperte der Landesbank Hessen-Thüringen. „Auch eine mühsam formierte Regierung dürfte sich schwer damit tun, die weiteren Sparanstrengungen durchzusetzen.“

Bankenverband hält griechischen Euro-Austritt für verkraftbar

Die Eurozone kann nach Einschätzung der deutschen Banken einen Austritt Griechenlands verkraften. Prinzipiell sei zwar die Unumkehrbarkeit konstituierendes Merkmal der Währungsunion, sagte der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes Deutscher Banken, Michael Kemmer, am Freitag im Deutschlandfunk. Falls ein Land doch ausscheide, werfe das zudem Fragen nach einer Gefährdung der Union insgesamt auf. „Ich glaube, dass die Eurozone es verkraften könnte“, sagte Kemmer aber. Erfreuen könne eine solche Entwicklung nicht.

Die unmittelbaren Auswirkungen eines Euro-Austritts Griechenlands bezeichnete Kemmer als begrenzt. „Wir sind jetzt sicher besser vorbereitet auf einen solchen Schritt, als wir es vor zwei Jahren gewesen wären“, sagte er. Einem Engagement deutscher Banken in dem Land erteilte er aber eine Absage. „Ich glaube nicht, dass die Banken momentan dazu bereit wären, in einem größeren Umfang sich in Griechenland zu engagieren“, sagte er. Ihnen säßen noch die Nachwirkungen des massiven Schuldenschnitts in den Knochen.

(abendblatt.de/Reuters/dapd)