Schicksalswahl in Hellas: Mit dem Stimmzettel sollten die Griechen am Sonntag darüber entschieden, ob Athen sein hartes Sparprogramm fortsetzt und weitere Finanzhilfen bekommt – oder ob das Land einen eigenen, ganz anderen Weg gehen will.

Athen. Unter dem Eindruck rigoroser Sparpläne und deutlicher Einschnitte in die Staatsausgaben haben die Griechen am Sonntag ein neues Parlament gewählt. Während sich die bisher dominierenden Parteien Nea Dimokratia (ND) und Sozialisten (Pasok) für den Sparkurs und damit einen Verbleib in EU und Euro-Zone stark machten, warben linke und rechte Konkurrenten mit einer Lockerung der Vorgaben für das vom Staatsbankrott bedrohte Land.

Rund 9,7 Millionen Griechen waren aufgerufen, über die Verteilung der 300 Sitze im Athener Parlament zu entscheiden. Insgesamt bewarben sich 32 Parteien und die Mandate. Nach Angaben von Innenminister Tassos Giannitsis verlief die Wahl ohne nennenswerte Probleme. Die Wahlbeteiligung sei sehr hoch gewesen. Genaue Zahlen nannte das Innenministerium aber zunächst nicht.

Erste Prognosen wurden unmittelbar nach Schließung der Wahllokale um 18.00 Uhr MESZ erwartet. Letzte Umfragen hatten eine Führung der Konservativen Partei ND unter ihrem Chef Antonis Samaras vorausgesagt. Eine absolute Mehrheit im 300-köpfigen Parlament galt aber als höchst unwahrscheinlich. Samaras wäre dann auf die Kooperation mit anderen Parteien angewiesen – etwa der Pasok mit dem ehemaligen griechischen Finanzminister Evangelos Venizelos.

Der scheidende Ministerpräsident Lucas Papademos zeigte sich zuversichtlich, dass das Land in der kommenden Woche eine neue Regierung haben wird. „Ich glaube ja“, antwortete der Finanzexperte im griechischen Fernsehen auf eine entsprechende Frage. „Heute wird der Kurs des Landes für die nächsten Jahre definiert“, fügte Papademos nach der Stimmabgabe hinzu. Ende Mai braucht Griechenland dringend wieder frisches Geld, um Staatsbedienstete und Renten zu bezahlen.

Zentrales Thema im Wahlkampf war das umstrittene Sparprogramm, das für Millionen Griechen erhebliche Einschnitte bedeutet. Konservative und Sozialisten setzen sich für die Fortsetzung des Spar- und Stabilisierungskurses ein. „Die Griechen wählen heute für die Zukunft ihrer Kinder. Sie stimmen für Stabilität, für Wachstum, Sicherheit und Gerechtigkeit“, sagte ND-Chef Samaras nach der Stimmabgabe im Fernsehen. Der Pasok-Vorsitzende Venizelos sagte: „Es sind die kritischsten Wahlen seit 1974 (Wiederherstellung der Demokratie in Griechenland).“ Die Bürger sollten mit Vernunft und nicht unter dem Druck der Wut ihre Stimme abgeben.

Linke Traditionsparteien sowie extremistische Bündnisse am rechten und linken Rand des Parteienspektrums warben mit dem Versprechen, dass sie das von ausländischen Gläubigern diktierte Sparprogramm lockern könnten. „Das Volk schickt heute eine Nachricht an Europa“, meinte der Chef des Bündnisses der Linken, Alexis Tsipras. Umfragen deuteten darauf hin, dass seine Partei starke Gewinne verbuchen könnte. Unzufriedene Sozialisten sollen sie gewählt haben. Es gebe keinen Platz für die „Barbarei der Sparprogramme“ in Europa, sagte Tsipras im Fernsehen.

(dpa)