Land unter für Bundesfinanzminister Peer Steinbrück? Derart hohe Steuerausfälle hat es in der Geschichte der Bundesrepublik noch nicht gegeben. Wegen der Krise rechnen Experten damit, dass der Staat bis 2013 rund 320 Milliarden Euro weniger an Steuern einnehmer wird als geplant.

Berlin/Bad Kreuznach. Das Ausmaß der dramatischen Steuerausfälle für die Staatskassen nimmt Konturen an: Bis 2013 müssen sich Bund, Länder und Kommunen auf rund 320 Milliarden Euro weniger Einnahmen einstellen als bisher geplant. Das zeichnete sich nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur dpa am Mittwoch bei den Beratungen der Steuerschätzer in Bad Kreuznach ab. Das endgültige Ergebnis soll an diesem Donnerstag bekanntgegeben werden.

Für dieses Jahr könnten sich die Steuerausfälle für die öffentlichen Haushalte in Folge der Wirtschafts- und Finanzkrise gegenüber früheren Prognosen auf rund 45 Milliarden Euro belaufen. Das Minus dürfte im nächsten Jahr nochmals größer ausfallen.

Steuerausfälle in diesem Ausmaß hat es bisher noch nicht gegeben. Zuletzt war befürchtet worden, dass die Mindereinnahmen gegenüber früheren Prognosen sich sogar auf bis zu 350 Milliarden Euro summieren könnten und der Gesamtstaat allein in diesem Jahr auf Einnahmen von 48 Milliarden Euro verzichten muss. Zu Buche schlägt nicht nur der Konjunktureinbruch, sondern auch die von der Koalition bereits beschlossene Steuerentlastung für Bürger und Wirtschaft.

Basis der Mai-Steuerschätzung ist die jüngste Wachstumsprognose der Bundesregierung, die für dieses Jahr einen Rückgang der Wirtschaftsleistung um sechs Prozent erwartet. Für 2010 rechnet sie mit einem Mini-Wachstum von 0,5 Prozent. Auch unterstellt die Bundesregierung – anders als führende Konjunkturforscher – eine positive Lohnentwicklung. Sonst wären die Steuerausfälle noch größer. Mittelfristig dürften – bei normalem Konjunkturverlauf – die Steuereinnahmen wieder zulegen, dann aber von einem weit niedrigeren Niveau aus. Daraus ergibt sich die gigantische Finanzlücke bis 2013.

Der Bund muss neben hohen Einnahmeverlusten bereits Mehrausgaben wegen der Konjunkturpakete, weiterer Zinszahlungen und absehbarer Milliarden-Zuschüsse an die Sozialkassen und für Langzeitarbeitslose schultern. Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) wird voraussichtlich noch im Mai einen zweiten Nachtragsetat für 2009 vorlegen. Aus Sicht der Union wird die Nettokreditaufnahme des Bundes auf gut 58 Milliarden Euro klettern. Das läge weit über dem bisherigen Negativrekord von Theo Waigel (CSU) von gut 40 Milliarden Euro im Jahr 1996. Bisher sind für 2009 fast 37 Milliarden veranschlagt.

Einschließlich des Investitions- und Tilgungsfonds für das zweite Konjunkturpaket steigt die Bundes-Neuverschuldung nach Berechnungen der Union in diesem Jahr auf fast 84 Milliarden Euro und 2010 auf fast 95 Milliarden Euro. Die Union bezieht zudem Ausfälle aus Garantien und anderen Hilfen des Banken-Rettungsfonds SoFFin ein. Die Gesamt-Neuverschuldung läge 2009 damit bei 154 Milliarden Euro.

Die Vorhersagen der Steuerschätzer von Bund und Ländern, kommunalen Verbänden, Forschungsinstituten, Bundesbank und Statistischem Bundesamt sind Basis für die öffentlichen Haushalte. Jeweils im Mai steht die „große Steuerschätzung“ für den mittelfristigen Zeitraum an. Für 2013 wurde jetzt das erste Mal geschätzt. Die zweite, „kleine“ Schätzung ist im November.