Fehlstart für hart aber fair in die Talkshow-Saison. Frank Plasberg und die Heizdeckenverkäufer: Beziehungsspiele am Flipchart.

Hamburg. War das nur ein Ausflug in den Boulevard? Oder macht Frank Plasberg in seiner ARD-Sendung „hart aber fair“ auf dem neuen Sendeplatz am Montag das, wovor ihn die Zuschauer immer gewarnt haben? Nämlich das Abrutschen ins Triviale, ins Unpolitische? Das war ein kümmerlicher Auftakt für den harten Nachfrager Plasberg, der sich mit aktuellen politischen Themen aus dem Dritten ins Erste und an die Spitze der Talkshows gebohrt hatte. Dana Schweiger, Gattin oder besser: Ex von Schauspieler Til Schweiger, Schauspieler Ingo Naujoks, Dieter Thomas Heck (Moderatoren-Urgestein), ein blutarmer Paar-Therapeut und eine freudlose FAZ-Journalistin machten aus der gewohnten Kontrovers-Runde bei Plasberg eine Bla-Bla-Blase.

Warum über das Thema Patchwork-Familien („Wie verlogen ist das?“) überhaupt in dieser C-Besetzung geredet wurde, war schnell klar. Plasberg hatte ein Buch gelesen. Die Sommerpause war ja auch zu lang. Es entstammt der Feder der Journalistin Melanie Mühl, Scheidungskind. Sie behauptet: „In den Medien werden Patchwork-Familien idealisiert. Da wird uns was vorgegaukelt.“ Ach was! Alles wurde schon gesagt zum Thema. Aber eben noch nicht von allen. So kommt nach FAZ-Herausgeber Frank Schirrmacher auch mal eine Kollegin ins öffentlich-rechtliche Fernsehen.

Die Autorin behauptet: Patchwork, wie es uns etwa der Bundespräsident Christian Wulff mit seiner Frau Bettina vorlebt, ist eine wohlige Decke über seelischen Schmerz. In Wahrheit hätten Trennungskinder häufiger Depressionen und es gebe oft einen „Kriegsschauplatz“ zu Hause, wenn Mama und Papa sich zoffen.

Plasberg lieferte auch gleich neues Öl für das Patchwork-Feuer. Es gebe in den neu zusammengesetzten Familien Fertigkinder, Beutekinder und Instantkinder. Von Menschen war nicht die Rede. Alles Etiketten. Schauspieler Naujoks sagte, er lebe mit vier Kindern aus unterschiedlichen Konstellationen sehr gut. Seine Beziehungsspiele durfte er auf einem Flipchart aufmalen. Mit gebrochenen und intakten Herzen. „Blut ist dicker als Wasser“, sagte Naujoks.

Bei Plasberg plätscherte es mit viel Wasser dahin. Nicht mal die Tränen kamen mit den Einspielern, die auch mal an das Leben der Kinder mit den Patchwork-Paaren erinnerten. Dana Schweiger lehrte: „Man darf den Kindern keine Happy-Welt vorspielen.“ Der Paartherapeut Robert Hagen weiß: „Trennung ist besser als Dauerstreit.“ Und Dieter Thomas Heck – glücklich seit über 35 Jahren mit seiner zweiten Frau – sagt: „Man lernt aus einer kaputten Ehe.“

Aufreizender als alle Erkenntnis zum Thema war Hecks Uralt-Bild, das ihn mit seiner Gattin in jungen Jahren zeigte. Da war der kultige Hitparade-Moderator mit einer Brille zu sehen, für die er heute einen Waffenschein bräuchte. Und einen Scheibenwischer. Heck zeigte bei aller Schmuserei zum Thema aber auch Qualitäten als Heizdeckenverkäufer. „Wenn wir schon von Buch reden, meins kommt auch demnächst raus.“

So durfte jeder sein Buch, seine Idee promoten – nur die Zuschauer dämmern bei solchen Runden dem engagierten Plasberg weg. Mit 2,89 Millionen Zuschauern und 9,6 Prozent Marktanteil hat Plasberg noch viel Luft nach oben. Die Patchworkerei brachte Therapeut Hagen auf den Tiefpunkt. Kaum ist der Sommer vorbei, kam ihm in den Sinn, wie man die alten und die neuen Familien so organisiert, wenn die Nächte wieder länger werden. „Es steht die Frage an, wie man Weihnachten gestaltet.“