„Ich erinnere mich an ihn“, sagte der 87-jährige Überlebende des NS-Vernichtungslagers Sobibor, Alexej Weizen, in einem Radiointerview.

Moskau/München. Mitten im Prozess gegen den mutmaßlichen NS-Verbrecher John Demjanjuk in München hat sich in Russland überraschend ein neuer Zeuge zu Wort gemeldet. Der 87-jährige Alexej Weizen sagte, im Unterschied zu anderen Überlebenden des NS-Vernichtungslagers Sobibor erkenne er Demjanjuk wieder.

„Ich erinnere mich an ihn“, sagte er dem Moskauer Büro des tschechischen Rundfunksenders „Cesky rozhlas“. Bei dem Angeklagten handle es sich um einen jener Aufseher, die in dem Lager Dienst getan hätten, sagte Weizen in dem am Mittwoch gesendeten Interview.

Der Prozess gegen den mutmaßlichen NS-Verbrecher John Demjanjuk war am Mittwoch wegen gesundheitlicher Probleme des Angeklagten erneut ausgesetzt worden. Der 89-Jährige klagte über Schwindelgefühl, seine Blutwerte waren schlecht.

Die Staatsanwaltschaft München bestätigte, sie wisse von den Angaben des möglichen Zeugen aus Russland. Die schriftlichen Unterlagen darüber müssten aber noch übersetzt werden. Erst dann könne die Anklage entscheiden, ob sie bei Gericht beantragt, den Zeugen in der Hauptverhandlung zu hören, erklärte Staatsanwalt Thomas Steinkraus-Koch auf Anfrage. „Wir sind da sehr vorsichtig, weil sich immer wieder bei uns Personen melden.“

Weizen sagte dem tschechischen Sender, zur möglichen Beteiligung von Demjanjuk an Gräueltaten könne er nichts sagen. „Ich habe gesehen, wie er Häftlinge zu Arbeiten in den Wald führte.“ Weizen sagte, er habe 1942/43 in Sobibor verbringen müssen und erinnere sich an Vieles genau. Demjanjuk erkenne er auf aktuellen Fotos eindeutig wieder. Der in der Nähe von Moskau lebende Weizen ist nach eigenen Angaben bislang nicht von der deutschen Justiz befragt worden.

Alle bisherigen Zeitzeugen in dem Prozess vor dem Landgericht München II konnten Demjanjuk nicht als ehemaligen Wachmann in Sobibor im besetzten Polen wiedererkennen. Demjanjuk soll 1943 bei der Ermordung von 27900 Juden geholfen haben. Der gebürtige Ukrainer, der im Mai 2009 von den USA abgeschoben worden war, schweigt zu den Vorwürfen.

Seit Beginn des Verfahrens Ende November fiel zum dritten Mal ein Prozesstag wegen der angeschlagenen Gesundheit Demjanjuks aus. Sein Anwalt Günther Maull ging davon aus, dass der Angeklagte am Donnerstag wieder in Ordnung ist. Dann soll erneut der Richter Thomas Walther als Zeuge gehört werden.