Einer der deutschen Anwälte von Marco W. will den Uelzener nicht länger verteidigen. Matthias Waldraff protestiert mit dem Schritt gegen die Buchveröffentlichung des 18-Jährigen über die türkische Haft. Er befürchtet dadurch negative Auswirkungen auf den laufenden Prozess. Auch der Instanbuler Anwalt von Marco erwägt einen Rücktritt.

Antalya/Uelzen. Mit der Buchveröffentlichung zum gegenwärtigen Zeitpunkt sehe er keine Möglichkeit mehr, Schaden von seinem Mandanten abzuwenden, begründete Waldraff seinen Schritt Medienberichten zufolge. Deshalb werde er seine Tätigkeit beenden. "Meine Überzeugung war es vom ersten Tag an, alles zu tun, damit die Aufgeregtheit eingestellt wird", sagte Waldraff. Zwar seien die Verteidiger über das Buchprojekt von Marco informiert gewesen. Sie hätten aber nicht gewusst, dass sein Buch bereits jetzt erscheinen soll. Der Hamburger Buchverlag bringt ihn am Freitag auf den Mart.

Auch der Istanbuler Anwalt des 18-Jährigen, Mehmet Iplikcioglu, zeigte sich überrascht von der Buchankündigung. Er habe überhaupt erst gestern von dem Buch erfahren, erklärte Iplikcioglu gegenüber der Nachrichtenagentur AFP. Er warnte Marco, darin Kritik am türkischen Gericht zu üben. Das könne als Versuch zur Beeinflussung eines laufenden Verfahrens ausgelegt werden. Das sei in der Türkei strafbar. Sollte die Veröffentlichung dazu führen, dass seine Arbeit als Verteidiger geschwächt wird, werde er über einen Rücktritt nachdenken. "Ich wünschte, er hätte mit uns über das Buch geredet, dann hätten wir ihm Ratschläge geben können", sagte Iplikcioglu.

Unklar ist derzeit, wie Michael Nagel, Marcos zweiter Verteidiger aus Hannover, über sein Mandat entscheidet.

Der 18-jährige Uelzener war am 12. April 2007 im Urlaub in der Türkei festgenommen worden. Er sollte eine damals 13-jährige Engländerin sexuell missbraucht haben. Das hatte Marco stets bestritten. Nach seiner Aussage hatte er das Mädchen in der Disco kennen gelernt, danach sei es im Zimmer des Mädchens einvernehmlich zu Zärtlichkeiten gekommen. Der Prozess wurde am Mittwoch auf den 10. April 2009 vertagt.

Marco hatte am Mittwoch in einer E-Mail geschrieben, er sei wegen des schwebenden Verfahrens ständig angespannt und habe Alpträume. Gleichzeitig kündigte er auch sein Buch "Marco W. - Meine 247 Tage im türkischen Knast", in dem er seine Leidenszeit schildert, an. "Ich bin unschuldig. Ich habe ein reines Herz. Mir bleibt nur der Weg, mit meiner Geschichte um mein Ansehen zu kämpfen", erklärte er. "Nun reicht es mir. Lange genug habe ich geschwiegen." Der junge Mann war vergangenes Jahr kurz vor Weihnachten aus der türkischen Untersuchungshaft frei gekommen.