Der Fall

Jemand bringt etwas zur Reparatur und dann beginnt der Ärger erst richtig - von so einem Fall soll heute die Rede sein. Ein Fall von vielen aus der Welt der Dienstleistungen, aber mit besonderer Note. Wenn Wolfgang Stannius (75) aus Hamm von seiner "Cutty Sark" spricht, dann gerät er in Rage. Monatelang hatte der Rentner an seinem Modellbau-Schiff gebastelt, ein stattlicher Segler aus Edelholz. "Und jetzt ist es weg", sagt er traurig. Es ist ein Segler mit Historie, der maritime Träume schürt, eine Legende: Der englisches Tee- und Wollklipper aus dem Jahr 1869 schipperte Jahrzehnte über die Weltmeere.

Zurück zum Rentner Stannius und seiner Cutty Sark in Miniatur-Format: Er hatte das 76 Zentimeter lange und 52 Zentimeter hohe Schiff gerade mal halb fertig, als er es im November 2008 zu einem Modellbaugeschäft brachte, weil die Endfertigung des filigranen Stücks für den betagten Bastler zu schwierig war - in dem Ladengeschäft übergab er es einem Herrn, der es bis Weihnachten 2008 zusammenbauen wollte. Doch bis heute hat der Rentner sein Schiffchen nicht zurück. "Ich habe so viel Arbeit hineingesteckt, das schmerzt", und 200 Euro kostete der Bausatz "Meine Kinder hatten ihn mir geschenkt."

Dutzende Anrufe beim Geschäftsinhaber und bei dem Herrn, der das Schiff entgegengenommen hatte, blieben ohne Erfolg.

Die Recherche

Der Leser-Botschafter ruft in dem Modellbau-Geschäft an. "Der Fall ist menschlich traurig, aber ich habe damit nichts zu tun", winkt der Chef zunächst ab. Dann wird es undurchsichtig: Er bestätigt, dass Wolfgang Stannius mit seiner Tochter mit der "Cutty Sark" bei ihm im Geschäft gewesen sei. Seine Version: Ein anderer Kunde habe sich zum Zusammenbau bereit erklärt. "Ich habe das Geschäft nur zwischen ihm und Herrn Stannius vermittelt", behauptet er. Stimmt das wirklich? Zweifel drängen sich auf. Denn: Der Herr, der im Geschäft das Schiff entgegennahm, sei ein "Ex-Mitarbeiter", heißt es aus einer anderen Quelle, die der Leser-Botschafter herausfindet. Und auch die Version des Rentners und seiner Tochter bestärken dies. "Der Mann, der unser Schiff entgegennahm, bediente uns normal, für uns wirkte es eindeutig so, als ob er dort Mitarbeiter war", sagt die Tochter des Rentners. Wolfgang Stannius ergänzt: "Er stand auch mal hinter dem Ladentresen, wie ein Angestellter. " Inzwischen hat der Rentner Strafanzeige erstattet - wegen Unterschlagung. Der Leser-Botschafter versucht, den Herrn, der das Schiff zuletzt im Besitz hatte, telefonisch zu sprechen, bittet auf dessen Anrufbeantworter um Rückruf, vergebens.

Das Ergebnis

Der Chef des Modellbaugeschäfts hat schließlich ein Einsehen - und ist bereit, dem Rentner das Geld für einen neuen Bausatz zu bezahlen oder einen solchen zu besorgen. "Es ist alles unglücklich gelaufen", sagt er dem Leser-Botschafter. Wolfgang Stannius: "Das ist immerhin ein Trost." Das Schicksal der (unvollendeten?) Cutty Sark, es bleibt ungewiss.

Leser-Botschafter Ralf Nehmzow befasst sich jeden Donnerstag mit neuen Fällen.