Statt das Problem zu lösen, nennen die Verantwortlichen nur Gründe, warum sich die Straßensanierung weiter verzögert.

Ja, er wolle alle Schlaglöcher stopfen, wenn der Winter vorüber sei, sagte Olaf Scholz (SPD). Das war vor knapp zwei Jahren. Das Abendblatt hatte ihn, den Herausforderer, und Bürgermeister Christoph Ahlhaus (CDU) zum letzten Gipfeltreffen vor der Bürgerschaftswahl ins Völkerkundemuseum geladen. "Die Aufwendungen waren in den vergangenen Jahren nicht hoch genug", sagte Scholz in Richtung des Amtsinhabers. "Auch schon, als die Grünen nicht dabei waren. Herr Ahlhaus kann denen nicht alles in die Schuhe schieben."

Sobald sich die Diskussion um Schlaglöcher dreht, gehen die Emotionen hoch. Das Thema ist griffig, jeder, der Auto fährt, kann mitreden, weil er sich ärgert, wenn er über kaputten Asphalt rumpelt. Und so wurden in dieser Woche im Senat die Berichte über Teilsperrungen von Straßen wegen Schlaglöchern aufmerksam verfolgt. Im Rathaus ist man sich bewusst, dass dieses Thema für eine "schlechte Grundstimmung" in der Stadt sorgen kann.

Kein Wunder, dass zwischen Senatskanzlei und der zuständigen Verkehrsbehörde von Frank Horch (parteilos) in diesen Tagen die Drähte glühten. Das Thema kann schließlich Wahlen entscheiden. Es war auch der Ärger über kaputte Straßen, der 2011 mit zum Regierungswechsel beigetragen hat. Viele Hamburger straften die damalige Ahlhaus-Regierung ab für den Eiswinter, den sie im Vorjahr durchlitten hatten. Damals hieß der Bürgermeister zwar noch Ole von Beust. Dennoch war das schlechte Krisenmanagement noch allgegenwärtig. Zuerst brachen sich Hunderte Fußgänger auf dem Eis die Knochen, und nach der Schmelze waren die Straßen mit Schlaglöchern übersät.

Im Rathaus werden diese als "sensibles Thema" angesehen. Aber zur Chefsache wolle man die Schlaglöcher nun auch nicht machen. Es seien schließlich alle Voraussetzungen gemacht worden, um mit dem Problem umzugehen. In der Tat sieht es auf dem Papier gar nicht schlecht aus. Im Krisenjahr 2010 stellte die Stadt 49 Millionen Euro für die Sanierung und Instandhaltung von Straßen zur Verfügung. Vergangenes Jahr waren es knapp neun Millionen Euro mehr, und in diesem Jahr sind es 88 Millionen Euro. Dennoch haben die dafür zuständigen Bezirke nicht alles Geld für die Sanierung der Straßen ausgegeben. Der Grund: Ihnen fehlen die dafür notwendigen Bauingenieure.

Diesen Missstand kritisieren aber nicht nur die verkehrspolitischen Sprecher der Opposition. Auch ein SPD-Bürgerschaftsabgeordneter findet das "nicht nachvollziehbar". Es sei nicht einzusehen, dass die Bürgerschaft das Geld für die Sanierung bereitstelle, es dann aber nicht ausgegeben werde. In den Wahlkreisen müsse man sich irgendwann für die Schlaglöcher rechtfertigen. "Die haben die Bürger unmittelbar vor der Nase." Dieses Thema sei eben nicht so abstrakt wie die Rettung der angeschlagenen HSH Nordbank. Sozialdemokraten sehen ein Dilemma, und das habe sich im Vergleich zur schwarz-grünen Regierungszeit noch verstärkt: Die Bezirke müssen weiter Personal einsparen. Das führe dazu, dass sich die Planung für Straßensanierungen verzögere. Ein anderer SPD-Abgeordneter wird deutlich: "Die Personaleinsparungen sind nachrangig. Es muss klar sein, dass nach Ende der Frostzeit alle Mittel auch verbuddelt werden."

Es heißt außerdem, dass es große Unterschiede zwischen den Bezirken gebe. Einige würden trotz einer vergleichsweise kleinen Zahl von Bauingenieuren das zugewiesene Geld nahezu ausgeben, andere seien im Rückstand. "Das Management in einigen Bezirken muss verbessert werden", heißt es aus SPD-Kreisen. "Denn sonst gäbe es ja keine Restmitttel." Ein Bezirksamtsleiter macht darauf aufmerksam, dass es aber auch nicht möglich sei, an allen Stellen gleichzeitig die Straßen zu sanieren. "Denn dann hat man überall Baustellen, und die Autofahrer beschweren sich nicht über Schlaglöcher, sondern über Staus."

Sehr oft wird in den Gesprächen über Schlaglöcher darauf hingewiesen, dass sich alle Zuständigen, also Senatskanzlei, Behörden und Bezirke, einig seien. Niemand brauche davon überzeugt zu werden, dass die Löcher schnell gestopft und die Straßen nach Ende dieses Winters schnell saniert werden müssten. "Wir werden einen Blick darauf haben, dass das Geld auch buchstäblich auf der Straße landet", sagt SPD-Fraktionschef Andres Dressel. Allein schon deshalb, weil die Fraktion dafür gesorgt habe, dass es mehr Geld für die Sanierung von Straßen gibt.

Als Hauptgrund für das Schlagloch-Phänomen wird immer wieder das marode Straßennetz genant, das der aktuelle Senat nicht zu verantworten habe. Die Fehler seien in der Vergangenheit gemacht worden. Das gleiche Argument brachte auch schon Christoph Ahlhaus beim Gipfeltreffen vor zwei Jahren vor. Als Scholz ihn anging, er könne den Grünen nicht alles in die Schuhe schieben, entgegnete dieser: "Sie mir aber auch nicht! Ich bin erst seit August Bürgermeister."