Petra Raßfeld-Wilske will in den Bundestag und tritt gegen Dirk Fischer an. Sie setzt sich für die Karrierechancen von Frauen ein.

Hamburg. Ihr Name dürfte nur Insidern der landespolitischen Arena geläufig sein, aber sie kennt den Betrieb rund ums Rathaus seit vielen Jahren aus der Nähe: Die Christdemokratin Petra Raßfeld-Wilske, 42 Jahre alte Fachanwältin für Steuerrecht, will eine Männerbastion erobern. Raßfeld-Wilske tritt im Rennen um die CDU-Direktkandidatur im Bundestags-Wahlkreis Nord/Alstertal gegen Dirk Fischer an, der die CDU im Wahlkreis bereits seit 1980 vertritt. Damit nicht genug: Die couragierte Juristin will auch auf der CDU-Landesliste an prominenter Stelle ("auf den Plätzen zwei, drei oder vier") kandidieren.

"Ich habe mich entschlossen, meinen Hut in den Ring zu werfen, weil die Themen, für die ich stehe, durch das bisherige Kandidatentableau der CDU nicht abgedeckt sind", sagt Raßfeld-Wilske im Gespräch mit dem Abendblatt. Wer ihren familiär-beruflichen Hintergrund kennt, weiß schnell, worum es der Christdemokratin geht: Raßfeld-Wilske, die mit einem Betriebswirt verheiratet ist, ist Mutter von drei Jungen: einem siebenjährigen und Zwillingen im Alter von fünf Jahren. Und sie arbeitet in der renommierten Anwaltskanzlei Busch von Rönn Schultz-Aßberg BRS am Neuen Wall.

"In den großen Städten geht es häufig nicht mehr, dass nur einer arbeitet", sagt Raßfeld-Wilske. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, das Kita-Angebot für den Nachwuchs, aber auch die Karrierechancen vor allem von Frauen nach dem Wiedereinstieg in den Beruf sind die Stichworte der politischen Agenda von Raßfeld-Wilske. "Unternehmen, aber auch die Gesellschaft insgesamt können es sich nicht leisten, gut ausgebildete Frauen oder Männer zu verlieren, nur weil sie sich zeitweise um den Nachwuchs kümmern", sagt die Christdemokratin, die sich nicht auf das Thema Frau reduzieren lassen will.

Das ist auch der Grund, warum sie sich entschieden hat, nicht allein auf der CDU-Landesliste für den Bundestag zu kandidieren. Hier sieht sich Raßfeld-Wilske fast ausschließlich Männern gegenüber - allen voran den Bundestagsabgeordneten Marcus Weinberg aus Altona, der auch Landesvorsitzender ist, und Rüdiger Kruse aus Eimsbüttel. In Wandsbek wird sich mit Ex-Fraktionschef Frank Schira, dem Bundestagsabgeordneten Jürgen Klimke oder dem Polizeigewerkschafter Joachim Lenders ebenfalls ein Mann durchsetzen.

Einzige Frau ist bislang Ex-Wissenschaftssenatorin Herlind Gundelach, die als Direktkandidatin im Wahlkreis Harburg-Bergedorf antritt. In diesem Umfeld wäre Raßfeld-Wilske allein wegen ihres Profils als berufstätige Mutter für viele Frauen wählbar. Doch das genügt der umtriebigen Juristin nicht.

Deswegen stellt sich Raßfeld-Wilske dem Votum der CDU-Basis im Wahlkreis Nord/Alstertal, dort, wo sie ihre politische Heimat hat und seit Mitte der 90er-Jahre in der zweiten Reihe politisch aktiv war. Und hier trifft die Christdemokratin auf ein CDU-Urgestein: den 69 Jahren alten Dirk Fischer mit 32 Jahren Bundestagserfahrung. Mit Fischer verbindet Raßfeld-Wilske ein gemeinsamer politischer Weg: Sie gehören beide demselben Kreisverband und mit Winterhude auch demselben Ortsverband an.

Eigentlich hatte Fischer, der auch viele Jahre lang Landesvorsitzender der Union war, seinen Parteifreunden signalisiert, dass er nicht noch einmal für den Bundestag kandidieren wolle. Fischer wollte Ex-Bürgermeister Christoph Ahlhaus Platz machen. Doch dann kam alles anders: Ahlhaus musste im Zuge des inzwischen eingestellten Ermittlungsverfahrens gegen ihn im Zusammenhang mit einem Villenkauf seine Ambitionen aufgeben.

Daraufhin entschloss sich Fischer weiterzumachen. Es wird vermutet, dass er sein Mandat um vier Jahre verlängern will, um dann den Weg für den bis dahin vollständig in der Partei rehabilitierten Ahlhaus frei zu machen. Deswegen gilt es als unwahrscheinlich, dass Fischer seine Bewerbung angesichts der Kandidatur von Raßfeld-Wilske zurückzieht. Wer sich am Ende durchsetzt, ist auch wegen einer Besonderheit schwer absehbar: Gewählt wird auf einer Mitgliederversammlung, an der alle CDU-Mitglieder mit Wohnsitz im Wahlkreis teilnehmen können.

Raßfeld-Wilske gehörte von 1997 bis 2009 der Bezirksversammlung Nord an, war aber auch Mitglied der Kommission für Bodenordnung und Mitglied der Deputation der Finanzbehörde. Von 1993 an war sie 18 Jahre lang wissenschaftliche Mitarbeiterin der langjährigen Bürgerschaftsabgeordneten Karen Koop. Seit ihrer Wahl zur stellvertretenden Richterin des Hamburgischen Verfassungsgerichts 2011 lässt sie ihre politischen Ämter ruhen.