Der ReGe-Chef Heribert Leutner sagt im Ausschuss zur Elbphilharmonie aus. Architekten-Honorar liegt schon bei 59 Millionen Euro netto.

Hamburg. Der Chef der städtischen Realisierungsgesellschaft (ReGe), Heribert Leutner, bat um Verständnis für die Probleme beim Bau der Elbphilharmonie. "Das ist etwas anderes, als wenn man ein Rathaus baut", sagte der 52-Jährige am Mittwochabend vor dem Parlamentarischen Untersuchungsausschuss (PUA) der Bürgerschaft. Das Konzerthaus werde auf einem denkmalgeschützten Speicher errichtet, sei an drei Seiten von Wasser umgeben und müsse beispielsweise vor "Schiffsanprall" geschützt werden, nannte Leutner einige Herausforderungen. Außerdem sei das Dreiecksverhältnis zwischen der Stadt (vertreten durch die ReGe), den Architekten Herzog & de Meuron und dem Generalunternehmer Hochtief bekanntermaßen kompliziert.

Leutner war Projektleiter unter dem damaligen ReGe-Chef Hartmut Wegener. Weil er die Situation als "strikt weisungsgebundener" Angestellter unter dem machtbewussten Wegener als "suboptimal" empfand, kündigte er 2007. Bis zu dem Zeitpunkt habe er "keinen eigenen Entscheidungsspielraum" gehabt, so Leutner. Seinen ehemaligen Chef bezeichnete er als "beratungsresistent", der Führungsstil Wegeners sei "wie im Mittelalter" gewesen. "Was bei mir hängen geblieben ist, ist der Umstand, dass man mit Argumenten nicht durchgedrungen ist", so Leutner.

Unterschiedliche Meinungen hatten die beiden Männer unter anderem über den Pauschalfestpreis, zu dem das Konzerthaus gebaut werden sollte. Dieser lag 2006 bei 114 Millionen Euro für die Stadt. Während Wegener in der Öffentlichkeit und dem Parlament gegenüber versicherte, dieser Preis werde Bestand haben, sah Leutner das nach eigener Aussage anders. "Nicht nur von mir hat es Hinweise gegeben, dass man das mit dem Pauschalfestpreis nicht so ausschließlich sehen kann." Wer recht behielt, ist bekannt. Als Wegener 2008 gehen musste, kam Leutner als sein Nachfolger zurück.

Nachdem der Untersuchungsausschuss bereits einige ReGe-Mitarbeiter hart in die Mangel genommen hatte, kam Leutner als erster Zeuge mit juristischem Beistand. "Ganz bewusst" habe er seinen Rechtsanwalt Jan Langhans mitgebracht, so Leutner. Denn er habe den "Eindruck, dass der Schuldige mit der ReGe längst ausgemacht" sei. Die Beratung seines Anwalts nahm Leutner jedoch nur selten in Anspruch.

Die Vernehmung Leutners war mit Spannung erwartet worden, da er als einer der wenigen Zeugen nicht nur in der Anfangsphase des Projekts dabei war, sondern heute noch in der Verantwortung steht. Bahnbrechende Erkenntnisse aber brachte die Befragung nicht. Wie immer im PUA waren zudem Fragen zu Entwicklungen nicht erlaubt, die außerhalb des Untersuchungszeitraums liegen. Dieser endet 2008.

Daher ist weiter offen, wie es mit dem Bau des Konzerthauses weitergeht. Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) hat angekündigt, "bis Weihnachten" entscheiden zu wollen, ob Hochtief das Projekt fortsetzen darf oder ob dem Baukonzern gekündigt wird. In diesem Fall würde wohl die ReGe die zentrale Rolle einnehmen und die Vergabe der Gewerke und deren Steuerung übernehmen, beziehungsweise dies an den Projektsteuerer Drees & Sommer und andere externe Experten vergeben. Klar ist: ReGe-Chef Leutner wäre noch mehr als bislang eine der Schlüsselfiguren für die Vollendung des Projekts.

Der Aufsichtsrat der Elbphilharmonie Bau KG, dem offiziellen Auftraggeber für das Konzerthaus und praktisch identisch mit der ReGe, hat auf seiner Sitzung am Dienstag aber noch keine Entscheidung über eine Kündigung von Hochtief getroffen. Vielmehr wurde die ReGe nach Abendblatt-Informationen erneut beauftragt, die Kosten beider Varianten - mit oder ohne Hochtief - gegenüberzustellen. Es werde immer noch gerechnet, geprüft und abgewogen, heißt es aus Aufsichtsratskreisen. Dennoch gehen alle Beteiligten davon aus, dass Scholz sein Wort halten und bis Weihnachten entscheiden wird.

Der Bürgermeister hatte stets betont, dass er mit Hochtief weiterbauen, den Konflikt aber nicht mit einem teuren "Nachtrag 5" lösen wolle. Wie das möglich sein soll, ist offen. Denn der Baukonzern, dem für alle Leistungen - also Konzertbereich plus Hotel, Parkhaus und Gastronomie - bislang etwa 400 Millionen Euro zustehen, rechnet intern mit Kosten von 640 Millionen. Auch Scholz räumte kürzlich erstmals ein: "Teurer wird es auf jeden Fall."

Eine Senatsantwort auf eine Kleine Anfrage der CDU ergab jetzt, dass sich allein die Kosten für die Architekten bisher auf knapp 59 Millionen Euro summiert haben. "Das sind brutto, da die Vorsteuer in diesem Fall nicht abzugsfähig ist, mehr als 70 Millionen Euro", sagt Andreas Wankum (CDU). "Damit sind allein die Honorare des Generalplaners nicht weit von den ursprünglich angesetzten 77 Millionen Euro Gesamtkosten entfernt."