Die Staatsanwaltschaft legt Joachim D. zur Last, er habe zehn Bäume am Elbhang abgeholzt, um eine Sichtschneise für Wohnungen herzustellen.

Hamburg. Ortstermin des Amtsgerichts Blankenese auf dem Luxus-Anwesen am Falkenstein: Der Richter schreitet durchs dornige Gestrüpp zielstrebig auf einen Baumstumpf im angrenzenden Sven-Simon-Park zu. Das Corpus Delicti, der Stumpf des Anstoßes sozusagen, ist das Überbleibsel einer mächtigen Roteiche. Dieser Baum und neun weitere auf öffentlichem Grund fielen 2008 der Säge zum Opfer. Schaden: rund 35.000 Euro. Angeklagt hat die Staatsanwaltschaft Joachim D. Der 57-Jährige, der den Umbau der herrschaftlichen Villa in eine Luxus-Eigentumswohnanlage verantwortete, soll die Bäume für einen freien Elbblick abgeholzt und so den Wert des Grundstücks gesteigert haben.

Gestern indes sprach ihn das Amtsgericht Blankenese vom Vorwurf der Sachbeschädigung frei. Zu dünn die Beweislage, zu vage die Aussage einer Spaziergängerin, die im Unterholz gesehen haben will, wie ein auffällig gepflegter Mann mit "zurückgegelten, grauen Haaren und Siegelring" mit einer Säge herumhantierte, so der Richter. Auf einem Foto glaubte sie Joachim D. zu erkennen - ganz sicher war sie aber nicht. "Mein Mann trägt seit einem Unfall vor sieben Jahren am Ringfinger keinen Ring mehr", sagte seine als Zeugin geladene Ehefrau gestern. Letztlich hatte der Richter erhebliche Zweifel an der Täterschaft von Joachim D. "Und wir fragen uns: Wer mag wohl das Männlein sein, das im Walde steht allein."

Die Staatsanwältin hingegen ist von der Schuld überzeugt und beantragte eine Geldstrafe von 9000 Euro. Der Angeklagte hatte "das Motiv, die Mittel und die Gelegenheit", sagte sie. Außerdem solle von der Grundstücksgesellschaft 250 000 Euro abgeschöpft werden, da ihr durch Abholzen der Bäume ein Vermögensvorteil in dieser Höhe entstanden sei - schließlich ließen sich Immobilien mit Elbblick wesentlich besser vermarkten. Um Ansprüche der Stadt zu sichern, hatte die Staatsanwaltschaft deshalb fünf Eigentumswohnungen in der Villa mit Arresthypotheken zu je 50 000 Euro belasten lassen - vier stehen noch immer leer.

Auf die Summe von 250 000 Euro war ein Gutachter gekommen, nachdem er zehn Blankeneser Immobilien mit und ohne Elbblick verglichen hatte. Seine Expertise nannte der Richter "skurril": Das Gutachten fuße auf der bloßen Annahme, dass durch das Abholzen eine Sichtschneise entstanden sei. Zudem habe der Experte entlastende Fotos, die bereits vor den Baumfällungen eine eingeschränkte Elbsicht dokumentierten, unerwähnt gelassen, kritisierten die Verteidiger. Ein Ende des Streits ist nicht in Sicht: Die Anklägerin kündigte Berufung an.