Der Primarschulgegner kämpft nun gegen die Schließung des Altonaer Museums und sieht in der Hansestadt Platz für eine neue Kraft.

Hamburg. Rechtsanwalt Walter Scheuerl und weitere Aktivisten der erfolgreichen Volksinitiative "Wir wollen lernen" nehmen die Gründung einer eigenen Partei verstärkt in den Blick. "Wir sehen immer mehr, dass sich eine Kluft zwischen den Wählern und dem schwarz-grünen Senat bildet - hier wäre Platz für eine neue Partei", sagte Scheuerl dem Abendblatt. Bis zum Frühjahr wollen Scheuerl und seine Mitstreiter entscheiden, ob sie als "Partei der bürgerlichen Mitte" zur Bürgerschaftswahl 2012 antreten.

Offensichtlich spielt der Protest gegen die Sparpolitik des Senats bei Scheuerls Einschätzung eine zentrale Rolle. Beispiel ist das Altonaer Museum , gegen dessen Schließung zum Ende des Jahres bereits 20.000 Unterschriften, darunter auch die von Scheuerl, gesammelt worden sind. "Das Altonaer Museum ist für den Standort eine wichtige Möglichkeit der Freizeitgestaltung. Mit der Schließung würde man viel kaputtmachen - für so wenig Ersparnis", begründete der Rechtsanwalt sein Engagement. Ein weiterer Ansatzpunkt für Bürgerprotest gegen Senatspolitik könnte der Bau der Stadtbahn sein.

Nicht erst seit dem erfolgreichen Volksentscheid gegen die Primarschule, aber verstärkt seit jenem 18. Juli, diskutieren die Schulreformgegner über eine politische Verlängerung ihres Engagements. Dabei ist die Idee, mit einer Wählergemeinschaft zur Wahl anzutreten, laut Scheuerl vom Tisch. "Sich nur monothematisch im Bereich Schulpolitik aufzustellen, macht zurzeit keinen Sinn mehr", sagte der Anwalt.

Diese Einschätzung kommt nicht überraschend: Scheuerl hatte nach dem Plebiszit gegen das längere gemeinsame Lernen zunächst erwartet, dass Schulsenatorin Christa Goetsch (GAL) dafür sorgen würde, über Schulversuche die Primarschule gewissermaßen durch die Hintertür einzuführen. Doch nach der erforderlichen Änderung des Schulgesetzes ist dieser Weg ausgeschlossen. Somit ist ein schulpolitisches Reizthema entfallen.

Aber mit einem anderen Szenario kann Scheuerl bürgerliche Wähler weiterhin schrecken: Bei der nächsten Bürgerschaftswahl droht eine linke Mehrheit aus SPD, GAL und gegebenenfalls der Linken. Eine neue bürgerliche Partei könnte dann diejenigen "einsammeln", für die die Union nach dem Bündnis mit der GAL und den daraus erfolgten Kompromissen nicht mehr wählbar ist. "Ich bezweifle, dass eine kleine Partei, die aus einer Protestbewegung hervorgehen würde, eine vermeintliche Kluft zwischen Bürgern und Senat überwinden kann", sagte der CDU-Landesvorsitzende Frank Schira, der auf die Integrationskluft der großen Parteien setzt. "Als Volkspartei haben wir ein großes Spektrum, das zu breiterer Akzeptanz in der Gesellschaft führen kann", so der CDU-Politiker.

"Mit konservativen Parteigründungen hat Hamburg zweimal keine allzu guten Erfahrungen gemacht", sagte der CDU-Verfassungs- und Schulpolitiker Robert Heinemann. Der Christdemokrat, der den Aufstieg der Volksinitiative "Wir wollen lernen" genau mitverfolgt hat, spielte damit auf die Statt-Partei und die Schill-Partei an. Beide Neugründungen spielten nur eine Legislaturperiode lang eine Rolle.

Laut Heinemann fördert die SPD im Hintergrund die Gründung einer neuen bürgerlichen Partei, um der Union zu schaden. "Das Konzept ist klar: Das konservative Lage soll gespalten und geschwächt werden", so Heinemann. "Ob das im Interesse konservativer Wähler ist, wage ich zu bezweifeln."

SPD-Landeschef Olaf Scholz will sich nicht direkt mit der Frage einer Partei-Neugründung auseinandersetzen. "Die SPD ist die Alternative zum CDU-geführten Senat. Viele, die beim letzten Mal die Union gewählt haben, werden bei der nächsten Wahl ihre Stimme der Sozialdemokratischen Partei geben", ist sich Scholz sicher.

Dass Scheuerl die Welle des Bürgerprotests weiter nutzen will, zeigt auch sein Engagement gegen die Schließung des Altonaer Museums. Auf Bitten des Vereins Freunde des Altonaer Museums hat sich der Anwalt zur Unterstützung bereit erklärt. "Er hat zugesichert, uns im Falle einer Volksinitiative mit Rat und Tat zur Seite zu stehen", sagte Ursula Richenberger vom Freundeskreis des Museums. "Walter Scheuerl ist eine prominente Galionsfigur, die für eine erfolgreiche Umsetzung von Volksentscheiden steht", so Richenberger. Vor allem sein Netzwerk könne sehr hilfreich sein.

Doch noch ist eine Volksinitiative nicht in Arbeit. Das liege an der rechtlich unklaren Situation. Erst wenn das Museumsstiftungsgesetz geändert werden müsse, könne man dagegen vorgehen. "Dann würden wir eine Volksinitiative starten", sagte Richenberger.