Senatorin Herlind Gundelach (CDU) will sich für eine Verlagerung der Uni noch nicht entschieden haben. Sie spricht über Hamburgs Skepsis gegenüber Veränderungen, leise Befürworter und laute Gegner.

Die Debatte um einen Umzug der Universität in den Hafen ist wieder voll entbrannt. Am Montag bezeichnete Wissenschaftssenatorin Herlind Gundelach (CDU) Entwürfe der Handelskammer und des Bezirks Eimsbüttel per Pressemitteilung als "keine wirkliche Alternative" - sie hätten zu viele sachliche Mängel. Zudem zeigte sich die Senatorin deutlich aufgeschlossen gegenüber einem Vortrag von Oberbaudirektor Jörn Walter im Wissenschaftsausschuss, der flammend für eine Verlagerung auf den Kleinen Grasbrook argumentierte. Die Senatorin steht seither in heftiger Kritik: Sie sei bereits auf einen Umzug festgelegt, spreche aber von "ergebnisoffener Prüfung", heißt es von Handelskammer, Opposition und sogar eigenen Parteimitgliedern.

Hamburger Abendblatt:

Frau Gundelach, die Kritik wächst. Wann kommt der Sprung der Uni über die Elbe auf den Kleinen Grasbrook?

Herlind Gundelach:

Ich habe mich noch nicht auf einen Umzug der Universität festgelegt. Wir haben aber festgestellt, dass die Vorschläge der Handelskammer und des Bezirks für einen Verbleib der Universität in Eimsbüttel Mängel aufweisen. Das heißt aber nicht, dass geäußerte Vorstellungen nicht in unsere Entscheidung einfließen werden. Die treffen wir nach einer ergebnisoffenen Prüfung im kommenden Jahr.

Abendblatt:

Als ergebnisoffen wird Ihr Verfahren nicht wahrgenommen: Die Handelskammer sagt, Sie hätten Ihr Gutachten nicht neutral bewertet.

Gundelach:

Um Vergleichbarkeit herzustellen, haben wir dieselbe Firma mit der Prüfung beauftragt, die auch unsere Szenarien berechnet hat. Die Handelskammer nennt in ihrem Entwurf keinerlei Kosten und belegt ihre Flächenannahmen nicht. Das Architekturbüro Gerkan, Marg & Partner hat die Vorschläge des Bezirksamts Eimsbüttel und der Handelskammer unter baurechtlichen und bauplanungsrechtlichen Vorgaben geprüft.

Abendblatt:

Aber Sie haben sich dem Oberbaudirektor angeschlossen, der Eimsbüttel aus Platzgründen nicht für zukunftsträchtig hält.

Gundelach:

Jein. Ich habe mich dem Oberbaudirektor nur in dem Sinne angeschlossen, dass, wenn man sich für einen neuen Universitätsstandort entscheidet, dieser zukunftsträchtig sein muss.

Abendblatt:

Sie wollen eine Entscheidung für die nächsten 100 Jahre treffen. Ihre eigenen Gutachten bescheinigen diese Perspektive für den Standort an der Elbe. Was bleibt also noch?

Gundelach:

Ich sage noch einmal: Die Entscheidung ist noch nicht gefallen.

Abendblatt:

Gibt es zu viele Bedenkenträger für Veränderungen in der Stadt?

Gundelach:

Es gibt in Hamburg eine gewisse Neigung, Veränderungen eigentlich nicht zu wollen. Wir müssen aber bedenken, dass es nur Sinn macht, in Planungen mit Entwicklungsperspektive zu investieren. Es darf nicht in 25 Jahren heißen: Die Entscheidung war teuer und falsch.

Abendblatt:

Dafür muss eine Senatorin ihre Vision aber auch offen vertreten.

Gundelach:

Ich finde es richtig, in Visionen zu denken. Trotzdem bemühe ich mich, eine Lösung zu finden, die alle Belange der Stadt berücksichtigt.

Abendblatt:

Hat die öffentliche Diskussion Ihre Meinung beeinflusst?

Gundelach:

Die Emotionalität für den Campus in Eimsbüttel habe ich als eher rational denkender Mensch unterschätzt. Diese wichtige Erkenntnis werde ich berücksichtigen. Aber: Eine Entscheidung wird nicht alle Menschen befriedigen. Gegenwind gehört zu politischen Entscheidungen dazu.

Abendblatt:

Mal anders herum: Wer würde Ihnen zu einem Uni-Umzug gratulieren?

Gundelach:

Es gibt in der Stadt durchaus Befürworter für einen Umzug. Die artikulieren sich aber längst nicht so deutlich wie die Kritiker. So entsteht der Eindruck, dass im Mittelpunkt der Diskussion die Interessen des Stadtteils Eimsbüttel stehen, nicht aber die Zukunft der Stadt als Wissenschaftsmetropole. Klar ist für mich aber: Neben dem Handel braucht Hamburg ein weiteres Standbein. Dafür kommt die Wissenschaft eindeutig infrage. Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass zum Beispiel die Naturwissenschaftler der Uni Hamburg enger mit der TU Hamburg-Harburg zusammenarbeiten. Zudem wird außerhalb Hamburgs mit großem Interesse verfolgt, dass die Stadt bereit ist, eine größere Summe für ihre Hochschulen auszugeben - unabhängig vom Standort.

Abendblatt:

Das heißt?

Gundelach:

Wir sind auch für größere Forschungsgesellschaften interessant.

Abendblatt:

Wie würde ein Neubau der Uni überhaupt bezahlt werden?

Gundelach:

Wir wollen ein Sondervermögen Hochschulen errichten, vergleichbar dem Sondervermögen Schule. Als Finanzierungsinstrument kommen am ehesten Kommunalkredite in Betracht, da diese in der Regel am günstigsten sind. Im Einzelfall schließe ich aber auch eine anteilige Finanzierung durch Private nicht aus.

Abendblatt:

Der Oberbaudirektor spricht von einer Anfangsinvestition in Höhe von 500 Millionen Euro.

Gundelach:

Dies ist eine gegriffene Summe, die in den weiteren Planungen noch belegt werden muss.

Abendblatt:

Sie haben Dieter Lenzen als neuen Uni-Präsidenten gewonnen. Fehlt zur Aufbruchstimmung nicht nur noch ein neuer Standort?

Gundelach:

Der zukünftige Präsident und ich sind uns einig: Wichtig ist eine gute Ausstattung für die Wissenschaft. Außerdem muss in einem Antrag für die Exzellenzinitiative erkennbar sein, dass entsprechende Räumlichkeiten vorhanden sind. Der Ort ist absolut zweitrangig.