Willy ist eine Madagaskar-Riesenfauchschabe. Tierpfleger Frank Wolf ist überzeugt davon, dass uns die Insekten einiges voraushaben.

Hamburg. So sehen also Wesen aus, die die Weltherrschaft übernehmen wollen. Platz für besonders viel Hirnmasse scheint dafür nicht nötig zu sein ... Aber, ganz ehrlich: Vielleicht schadet die bei einem solchen Vorhaben auch nur. Und bisher hat der Coup ja auch noch nicht geklappt, auch wenn einige Menschen behaupten, die Schaben seien uns längst überlegen. Willy ist eine solche, und noch dazu ein besonders großes Exemplar: Er ist eine Madagaskar-Riesenfauchschabe.

Frank Wolf ist überzeugt davon, dass uns die Insekten einiges voraushaben: "Nach den Atombombentests auf dem Bikini-Atoll sind sie als Erste, neben den Ratten, wieder aufgetaucht. Und haben sich fröhlich weitervermehrt, ohne erkennbare Schäden im Erbgut." Der Tierpfleger im Tropen-Aquarium von Hagenbecks Tierpark schätzt die rotbraun glänzenden Tiere jedoch nicht nur deshalb: "Ich finde sie einfach interessant, auch wenn die meisten unserer Besucher bei ihrem Anblick ein 'Igitt!' ausstoßen. Dabei liegt Schönheit doch immer im Auge des Betrachters."

Wie der Name schon sagt, leben Madagaskar-Riesenfauchschaben als eine von mehreren ähnlichen Arten auf der Insel Madagaskar vor der Ostküste Afrikas. Dort bevölkern die bis zu zehn Zentimeter langen Insekten den tropischen Regenwald - weshalb Frank Wolf es niemals erleben möchte, dass die Tiere im Tropen-Aquarium ausbüxen: "Die würden sich bei den vielen Pflanzen in der großen Halle richtig wohlfühlen."

Bisher haben die 20 Exemplare, die in einem alten Ofen gegenüber den Giftschlangen leben, jedoch noch keinen Ausbruchversuch gestartet. "Sie sind aber auch erst seit zwei Wochen bei uns - davor hatten wir eine andere Art", sagt Wolf und lacht. Er schätzt, dass die Schaben ein Alter von neun bis zwölf Monaten haben - und damit gerade ausgewachsen sind.

Etwas zulegen können sie aber noch, bei der nächsten Häutung, wie Willy zeigt: Seine beiden Höcker auf dem Halsschild, an denen man männliche von weiblichen Riesenfauchschaben unterscheiden kann, könnten noch ein wenig größer werden. Wobei der Halsschild bei den Insekten das sei, was die meisten Menschen für den Kopf hielten, verrät Wolf: "Aber der Kopf verbirgt sich unter dem Halsschild."

Madagaskar-Riesenfauchschaben sind flügellos, nachtaktiv und reine Vegetarier. "Wir füttern sie nur mit Gemüse und Salat und nicht mit Obst, da sie bei zu zuckerreicher Kost gesundheitliche Probleme bekommen", sagt Frank Wolf. Dass die Weibchen derzeit deutlich an Umfang zunehmen, liegt also nicht an einer ungeeigneten Diät, sondern daran, dass Nachwuchs im Ofen anstehen könnte, sagt der Tierpfleger: "Riesenfauchschaben legen nicht wie andere Arten Eipakete ab, sondern brüten diese im Körper aus, sind also lebendgebärend." 30 bis 40 Jungtiere schlüpfen nach etwa 50 bis 60 Tagen.

Nachwuchs von Willy? Einen würde das sicherlich nicht freuen, und von dem hat das Männchen auch seinen Namen: Will Smith, der im Kinohit "Men In Black" als Agent J. gegen eine Riesenschabe kämpfte. Willy hingegen zeigte sich bisher generell furchtlos. Kann das Insekt doch durch das Zusammenziehen des Hinterleibs Luft aus seinen Atemöffnungen strömen lassen, was ein recht lautes Fauchen erzeugt. Dieses gab den Fauchschaben ihren Namen, schreckt (Fress-)Feinde ab - und sicherlich auch schwarze Männer. Sollten die je in Stellingen auftauchen.

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