Der große Schulkantinen-Test: In ihrer Schule führt die Sterneköchin vor, wie man spielerisch und mit ein paar Tricks den Umgang mit Zutaten und den richtigen Messern lernt.

Die Kochschule liegt neben dem Restaurant Poletto an der Eppendorfer Landstraße. Sechs Kinder im Alter von sieben und acht Jahren im Kursus der prominenten Chefin. Alle schwer begeistert. Darunter Cornelia Polettos Tochter Paola (7), die gar nicht zu bremsen ist, wenn es um den Einsatz von Kochmesser, Rührlöffel und "Zaubermittel" geht.

Doch vorher geht es um Einigkeit. Welche Pasta? Spaghetti, Fusilli, Ragatini oder kleine Wagenräder? Alle einigen sich auf Spaghetti, nur Paola will Wagenräder. Basta! Totalverweigerung, weil es schon gestern die langen Nudeln gab. Die Sterneköchin - mit Engelsgeduld ausgestattet - schlägt einen Kompromiss vor: "Fifty-fifty Spaghetti und Wagenräder?" Paola nickt. Später findet sie Spaghetti auch o. k.

Kein Zwang. Das ist die erste Regel der Sterneköchin. Kein Zwang zum Aufessen. Nichts in Kinder reinzwängen. Spielerisch arbeiten.

Früher gab es das Gegenteil. "Meine Mutter hat mich immer gezwungen - obwohl ich damals keinen Rosenkohl mochte, wenigstens einen davon zu verspeisen. Die Folge war, dass ich jahrelang dieses Gemüse widerlich fand." Später und heute noch isst sie den Rosenkohl gern. "Auch den Unsinn; man stehe erst auf, wenn alles aufgegessen ist, kann man lassen", sagt sie. "Wenn Kinder satt sind, dann sind sie satt." Basta. Und wenn sie nicht wollen? Dann würden Tricks helfen. "Zum Beispiel Geschichten", sagt Poletto. Das Thema Kochen mit einer Geschichte verbinden. Eine davon tischt die Köchin ihren Schülern sofort auf: "Die Küchenmesser habe ich extra für euch eingekauft. Das sind Profimesser. Alle sind neu und noch richtig scharf."

Die Kochschüler staunen. Die Jungs sind von den Messern begeistert, die Mädchen fangen sofort an zu arbeiten.

Tomaten und Zwiebeln werden geschnitten. Es geht wundervoll. "Kinder brauchen wie jeder in der Küche richtige Werkzeuge", sagt Poletto. "Und sie müssen es lernen." Mit einem zu kleinen oder gar stumpfen Messer würde man Kinder nicht fürs Kochen begeistern können. Muss denn jedes Kind kochen lernen?

"Nein, aber wir müssen Kinder an gutes Essen heranführen, das geht am besten, wenn wir zeigen, wie man mit den Produkten umgeht", sagt Poletto. Einkaufen, Kochen und ein schön gedeckter Tisch seien dazu ideal.

Die Kochschüler haben Tomaten, Zwiebeln und Knoblauch klein geschnitten und dürfen jetzt dieses in den großen Zehn-Liter-Topf geben. Jeder will mal. Die Stimmung steigt weiter. "Zaubermittel" ("Polettos Tomatenzauber", 6,95 Euro, ein Tomatengewürz) kommt in den Topf.

Kinder brauchen zum Essen und Kochen Geschichten, man muss sie überlisten, man muss es ihnen leicht machen. Mundgerechte Stücke sollen es beim Gemüse sein. "Alles schonend gegart. Ideal ist das Dämpfen von Gemüse." Das funktioniere auch mit einem einfachen siebartigen Einsatz, den man für wenig Geld passend zu normalen Töpfen kaufen kann.

"Mehr Zaubermittel!", fordert Poletto. Die Tomatensoße muss kräftig abgeschmeckt werden. Das ist etwas für die Jungs. Vincent engagiert sich immer mehr, steigt auf den Stuhl und würzt mit heftigem Armschwung.

Aber es wird noch besser. Die Kindertruppe soll diesen Kochtag nicht vergessen. Die Geschichte erreicht ihren Höhepunkt. "Jetzt wird hier Harry Potter zelebriert", sagt Poletto leise zum Fotografen. Unbemerkt wandert ein Stück Trockeneis in die Soße. Ein mächtiger Dampf entsteht, wabert über den Topf. Perfekte Hexenküche. Offene Münder. Staunen über den Dampf, der bald alle einhüllt.

Später wird die Soße mit der "Flotten Lotte" püriert.

Bei Tisch sind die kleinen Kochnovizen zu einer verschworenen Gemeinschaft geworden. Knoblauch ist okay, die Soße sowieso. Und wieder erhalten alle Kinder je ein Profigerät in die Hand: einen Parmesanhobel. "Ihr seid bitte vorsichtig mit den Fingern, die Hobel sind wirklich scharf", warnt Poletto. Alle nicken. Keiner macht einen Fehler. Parmesanspäne wandern wie Schnee auf die Spaghetti. Rubens findet den Parmesan so lecker, dass er sich ein großes Stück nimmt und es wie ein Brötchen isst. Paola mag wieder (viel) Spaghetti. Scarlett, die sich kaum an die Messer trauen wollte, fühlt sich als Köchin. Andacht herrscht am langen Tisch.

Noch eines habe die abenteuerliche Kochschule gezeigt: Der Geschmack von Kindern wandelt sich "Mal mögen sie keine Möhren, zwei Jahre später doch. "Das sollte man immer zwanglose Angebote machen. Oder einen Trick anwenden", sagt Poletto. So könne man Erbsen zu Püree verarbeiten und Kindern servieren, dann fragen, ob es gemundet habe, um ganz vorsichtig den krüschen Nachwuchs darauf hinzuweisen, dass er gerade auch Erbsen gegessen hat. Und welches Gemüse steht heute ganz oben bei der Sterneköchin? "Tomaten, die am Strauch gereift auch Sonne gesehen haben."