Berlin. Nach Corona ist vor der nächsten Krise: Deutsche Unternehmen blicken skeptisch in die Zukunft, zeigt Studie. Was belastet sie konkret?

Corona, Krieg in der Ukraine und Lieferprobleme; Fachkräftemangel, Cyberattacken und Inflation: Die möglichen Krisen sind mannigfaltig. Und sie belasten die deutsche Wirtschaft.

Insbesondere die Stimmung bei kleinen und mittleren Unternehmen ist schlecht. Das ist das Ergebnis einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov im Auftrag des auf Geschäftsbeziehungen spezialisierten Plattformbetreibers Visable. Auch die Erwartung für die Zukunft bleibt negativ.

500 Personen mit Entscheidungsbefugnis in kleinen und mittleren deutschen Unternehmen wurden zur wirtschaftlichen Stimmung in ihren Firmen befragt. 30 Prozent der Befragten sehen durch die drohende Wirtschaftskrise die Geschäftstätigkeit ihres Unternehmens gefährdet, das sind 5 Prozent mehr als noch 2022.

Zuletzt stagnierte das deutsche Wirtschaftswachstum im ersten Quartal, die Gefahr einer Rezession gilt noch nicht als gebannt. 15 Prozent fürchten sich vor Cyberattacken oder Hackerangriffen, Auswirkungen des Krieges auf ihr Unternehmen befürchten ebenfalls 15 Prozent.

Als konkrete Problemfelder benennen die Befragten den Dreiklang aus steigenden Energiekosten (38 Prozent), Fach- und Arbeitskräftemangel (35 Prozent) sowie Inflation (34 Prozent). Und: Die Entscheider rechnen damit, dass Krisen zukünftig noch viel häufiger auftreten werden.

Energiekosten als Problem Nummer eins für die Unternehmen

Die hohen Energiekosten sind damit zum wiederholten Male auf Platz eins der konkreten Problemfelder. Die Belastung durch Fach- und Arbeitskräftemangel sowie durch die Inflation wächst im Vorjahresvergleich, während steigende Rohstoffpreise und Lieferkettenprobleme die Wirtschaft weniger drücken als noch vor einem Jahr.

Ein weiteres Problemfeld für kleine und mittelständige Unternehmen: die Überregulierung und Bürokratie. 23 Prozent – 2 Prozent mehr als 2022 – sehen sich hierdurch belastet.

Kleine und mittlere Unternehmen sind von der Wirtschaftskrise gebeutelt. Sie blicken wenig optimistisch in die Zukunft.
Kleine und mittlere Unternehmen sind von der Wirtschaftskrise gebeutelt. Sie blicken wenig optimistisch in die Zukunft. © FUNKE Foto Services | Ant Palmer

Die Energiekrise belastet die Unternehmen in vielerlei Hinsicht. Nicht nur wegen der Kosten, auch die Verunsicherung über die zukünftige Versorgung ist groß. Obwohl das Schreckensszenario eines Winters ohne Gas und Strom abgewendet werden konnte, fordern 34 Prozent eine bessere Sicherung der Energieversorgung.

Umfrage: 46 Prozent haben wegen Krisen Umsatzeinbußen

Die genannten Problemfelder sind indes keineswegs nur gefühlte Krisen – sie wirken sich konkret auf die Geschäftszahlen aus. 46 Prozent der befragten Unternehmen sind von Umsatzeinbußen betroffen. Immerhin: Das ist etwas weniger als im Vorjahr. 12 Prozent der befragten Entscheider geben nun an, dass die Umsätze ihres Unternehmens seit Anfang 2022 gestiegen sind.

Viele Betriebe haben laut der Umfrage Notfallmaßnahmen ergriffen. 31 Prozent gaben beispielsweise an, Energie gezielt zu sparen. Gleichzeitig rüsten sich Unternehmen gegen kommende Krisen, indem sie in IT-Kompetenz (18 Prozent) und erhöhten Rückstellungen (16 Prozent) investieren. Dennoch wünscht sich rund jeder dritte Befragte Bürokratieabbau und Steuersenkungen.

Staatliche Hilfsmaßnahmen kommen nicht an

Um die Krisen abzufedern, brachten die EU und Deutschland verschiedene staatliche Hilfsmaßnahmen und Hilfspaketen mit Bürgschaften, Krediten oder der Strom- und Gaspreisbremse auf den Weg. Aber ungefähr nur jeder zehnte der 500 Befragten bescheinigt den Maßnahmen eine hohe Wirksamkeit. Fast jeder fünfte hält sie dagegen für wenig wirksam.

Besonders enttäuscht zeigen sich kleine Unternehmen mit bis zu zehn Mitarbeitenden. Lediglich drei Prozent von ihnen sagen, die staatlichen Maßnahmen seien wirksam. 21 Prozent beklagen eine geringe Wirksamkeit, ganze 30 Prozent erhielten erst gar keine Hilfsmaßnahmen. Effektiver erweisen sich die Maßnahmen bei mittleren (bis 250 Mitarbeiter) und größeren (mehr als 250 Mitarbeiter) Unternehmen.

Diese konnten laut Studie bedeutend häufiger Hilfe in Anspruch nehmen und bewerten die Wirksamkeit auch deutlich öfter als hoch.