Berlin. Deutsche Familienunternehmen sehen den Wirtschaftsstandort Deutschland gefährdet. In einer neuen Studie landet die Republik hinten.

Der Wirtschaftsstandort Deutschland wird für große Familienunternehmen im internationalen Vergleich unattraktiver. Das ist das Ergebnis einer umfassenden Studie des Mannheimer Wirtschaftsforschungsinstituts ZEW im Auftrag der Stiftung Familienunternehmen, die dieser Redaktion vorab vorliegt.

Die Forscher haben für ihre 334-seitige Studie zahlreiche Standortaspekte unter die Lupe genommen: Von Steuern über Infrastruktur- und Energiefragen bis hin zu Klimazielen und der Reaktion auf die hohe Inflation. Das Fazit fällt ernüchternd aus: Der Befund zur Position Deutschlands biete „erheblichen Anlass zur Sorge“, heißt es in dem Ländervergleich, der seit 2006 regelmäßig erarbeitet wird.

Wirtschaftsstandort Deutschland: Nur Ungarn, Spanien und Italien noch schlechter

Zwar profitiere Deutschland insbesondere in der aktuellen Krisenzeit von seiner vergleichsweisen geringen Verschuldung des Staates und der privaten Haushalte. Bei Investitionen in die Infrastruktur oder Reformen des Steuersystems komme die Bundesrepublik aber nicht voran. Die Folge: Im Vergleich zur letzten Auswertung ist Deutschland im Ranking abgerutscht, belegt von 21 untersuchten Industriestaaten nur noch Platz 18. Lediglich Ungarn, Spanien und Italien schneiden noch schlechter ab.

An der Spitze des Rankings der attraktivsten Wirtschaftsstandorte sehen die Wirtschaftsforscher die USA und Kanada. Erfolgreichstes europäisches Land ist Schweden auf Platz drei, gefolgt von der Schweiz und Dänemark. Knapp vor Deutschland landen Japan und Frankreich. Aber auch deutlich wirtschaftsschwächere Länder wie die Slowakei übertrumpfen die Bundesrepublik.

Nur bei Finanzierungsfragen ist Deutschland an der Spitze

Ein schlechtes Zeugnis stellen die Wirtschaftsforscher Deutschland vor allem im Bereich Steuern, aber auch bei den Arbeitskosten, der Energiepolitik und der Regulierung aus. Im Bereich von Finanzierungsfragen nehme Deutschland dagegen die Spitzenposition ein.

Produktion in Deutschland? Die Republik schneidet im internationalen Vergleich als Wirtschaftsstandort schlecht ab.
Produktion in Deutschland? Die Republik schneidet im internationalen Vergleich als Wirtschaftsstandort schlecht ab. © dpa | Jan Woitas

Bei den Arbeitskosten kritisieren die Studienautoren, dass Deutschland bei den Bildungsausgaben und dem Bildungsniveau im internationalen Vergleich zurückgefallen sei. In Infrastrukturfragen ist das Bild zwiegespalten: Positiv sei, dass es bei der Informations- und Kommunikationsinfrastruktur vorangehe. Auch sei Deutschland bei der Korruptionskontrolle erfolgreich. Negativ hingegen würde sich die Transportinfrastruktur sowie die Entwicklung von Kriminalität und politischer Stabilität auswirken.

„Der Industriestandort Deutschland hat dramatisch an Qualität verloren. Gerade die hohen Energiepreise, an denen wir wenig ändern können, müssten doch Anreiz bieten, die übrigen Rahmenbedingungen für Investitionen zu verbessern. Im internationalen Vergleich auf den hintersten Plätzen – das ist nicht das Feld, in das wir gehören“, sagte Rainer Kirchdörfer, Vorstand der Stiftung Familienunternehmen.