Ende gut, alles gut: Die flüchtige Yvonne ist wieder mit ihrer Rindviehfamilie zusammen. Auf Gut Aiderbichl teilt sie sich die Box mit Sohn Friesi.

Stefanskirchen/Greifenstein. Für zwei deutsche „Problemkühe“ ist der Ausflug in die Freiheit zu Ende. In Bayern war die als „Waldkuh“ weltweit bekannt gewordene braun-weiß gefleckte Yvonne war drei Monate untergetaucht und eine potenzielle Verkehrsgefährdung. In Hessen hatte eine Kuh am vergangenen Montag eine 57-jährige Spaziergängerin attackiert und tödlich verletzt und war mit ihrem Kalb in einem Wald verschwunden. In beiden Fällen kam am Freitag eine Betäubungsspritze zum Einsatz.

Die Kühe tauchten wieder auf, weil sie der Herdentrieb wieder zu Artgenossen führte. Yvonne war drei Monate als Einzelgängerin unterwegs. Ende Mai war sie ihrem Bauern ausgebüxt und hatte sich seitdem in einem Waldgebiet im oberbayerischen Landkreis Mühldorf versteckt. Gut Aiderbichl kaufte die Kuh und startete eine aufwendige Suche.

Nachdem das Landratsamt angekündigt hatte, eine zunächst nur ausgesetzte Abschussgenehmigung nicht wieder in Kraft treten zu lassen, zog sich am Wochenende auch der Suchtrupp komplett zurück. Kurz darauf tauchte Yvonne wieder auf.

Nun soll sie in einem Stall auf dem Gut Aiderbichl in Niederbayern in Gesellschaft ihres Sohns Friesi zur Ruhe kommen. Am Freitagmorgen wurde die Kuh auf einer Wiese in der Nähe des oberbayerischen Stefanskirchen betäubt und zum Gnadenhof gebracht, wie Gutsverwalter Paul Kaiser berichtete.

Im gleichen Stall, wenn auch durch eine Wand getrennt, stehen Yvonnes Schwester Waltraut und deren Ziehsohn Waldi. Durch Fenster in der Wand könne Yvonne die beiden sehen und sich so an sie gewöhnen, erläuterte der Gutsverwalter. Die Familie solle jetzt zusammen in Deggendorf bleiben.

Am vierten Tag nach ihrem Verschwinden tauchte in Hessen die Kuh wieder auf, die im Lahn-Dill-Kreis eine Frau tödlich verletzt hatte. Die Polizei hatte die Herde in der Nähe platziert, um das Muttertier mit seinem Kalb aus dem Wald zu locken. Wie die Polizei mitteilte, wurde die Kuh betäubt, um an ihr mögliche Spuren des Angriffs auf eine 57-Jährige zu sichern. Die Frau aus Driedorf wurde seit Montagabend vermisst, nachdem sie nicht von einem Spaziergang zurückgekehrt war. Ihre Leiche wurde am Dienstag gefunden. Sie wies zahlreiche Knochenbrüche und Blutergüsse auf.

Pressestimmen:

„Dresdner Neueste Nachrichten“: „Eine Kuh macht muh, frisst Gras, gibt Milch. Nur Rindvieh Yvonne wollte schlauer sein als der Bauer erlaubt. Und weil Sommer war und außer Kälte, Krise und ständigem Koalitionskrach nichts los, kam die Flucht-Kuh wie gerufen. Oder will wirklich noch einer wissen, wo Gaddafi ist? Doch pünktlich mit dem Herbst setzte Yvonne ihren letzten Fladen in die Freiheit. Und weil die hohen Tiere ebenfalls ihre Ferien-Auszeit beenden, droht Yvonne das Schicksal aller tierischen Sommerloch-Darsteller: Alles ist besprochen, Vorhang zu, mit den Viechern wird gebrochen. Oder einfach: Kuh, gib Ruh!

„Mittelbayerische Zeitung“ (Regensburg): „Am Freitag war es soweit: Yvonne wurde geschnappt. Nach fast 100 Tagen in Freiheit darf sie nun auf einem Gnadenhof alt werden. Yvonnes Artgenossen und Tierschützer können ihr für diese klamaukartige Verfolgungsjagd nur dankbar sein. Denn was lieferte dieses Tier für Schlagzeilen ab: Yvonne narrt Verfolger, Yvonne entkommt erneut, Yvonne hinterlässt Kuhfladen... Und was wurden alles für Geschütze aufgefahren: Hubschrauber mit Wärmebildkamera, Dutzende Suchtrupps und tierische Lockvögel – und, und, und... Aus einem zum Tode verurteilen Wiederkäuer wurde eine PR-Kuh. Ihr Freiheitsdrang ging um die Welt, mit jeder Schlagzeile wurde sie menschlicher: Sie sei klug genug fürs Abitur. Die Kuh machte aber so auf das Schicksal ihrer Artgenossen aufmerksam, die oft ein Dasein als namenlose Milch- und Fleischlieferanten fristen, um überflüssige Konsumgelüste zu befriedigen. Aber: Was einen Namen hat, das isst man nicht. Yvonne – das ist die Geschichte eines Tieres, das die Sicht vieler Menschen änderte – oder: Vier Hufe für ein Halleluja!“