Das tierische Drama geht weiter: Der Stier, der die ausgebüxte Kuh zurücklocken soll, ist ein Ochse.

Die ausgebüxte Kuh Yvonne kann einem leidtun. "Rinder haben so gut wie keine Gesichtsmuskeln", bedauert Michael Aufhauser, Gründer des Gnadenhofs Gut Aiderbichl. Deshalb halten Menschen sie für emotionslos. Ein tierisches Fehlurteil. Denn Yvonnes Dickschädel ist keineswegs leer. Über ihr neues Strohbett am Rande des Waldes, in dem sie vor elf Wochen verschwand, denkt sie: "Das ist okay." Das Zitat übermittelte "Tierkommunikatorin" Franziska Matti, die als Medium Kontakt zu dem sensiblen Vieh aufnahm, im Auftrag der Aiderbichler - so nennen sich die Tierschützer nach ihrem Stammsitz im österreichischen Flachgau.

Das Strohlager ist nur ein Lockmittel. Die Tierfreunde karrten zudem Ernst herbei, einen Zuchtbullen im Ruhestand, der die Kuh, "die ein Reh sein will" (Aufhauser), aus dem dunklen Tann im bayerischen Kreis Mühldorf am Inn ködern soll. Aufhauser ist optimistisch. Rinder seien alle drei Wochen stierig, haben dann Lust aufs andere Geschlecht, Yvonne werde "die Rufe von Ernst hören und kommen". In diesem Zustand "kann sie nicht anders, ihr Wille ist ausgeschaltet".

Dabei ist sie dem bisher blind gefolgt. Schon auf ihrer Alm in Kärnten, als sie noch Angie hieß, verließ sie gern die Herde, machte Abstecher in den Wald. "Sie war immer Individualistin", sagt Aufhauser. Das Vorleben der Kuh hat er peinlich genau rekonstruiert (vorsichtshalber ohne Hilfe eines Mediums). Vor ihrer Flucht im Mai stand Yvonne sieben Monate angekettet im Stall, ein Kälbchen wurde ihr weggenommen, dreimal wechselte der Besitzer. "Ein Trauma", so Aufhauser.

Das könnte ihr wieder blühen. Wenn sie auftaucht und merkt, dass Galloway Ernst kein Stier, sondern - seiner Männlichkeit beraubt - ein Ochse ist. "Zum Liebesverhältnis kann es trotzdem kommen", beruhigt Aufhauser, "nur ohne Resultat." Das gibt es aber für Yvonnes Sommerlochauftritt. "Wir nutzen den Wirbel, um auf Tierschicksale aufmerksam zu machen", sagt Aufhauser. Wenigstens die Tierschützer kommen aus ihrer Deckung.