Ende gut, alles gut: Die flüchtige Yvonne ist wieder mit ihrer Rindviehfamilie zusammen. Auf Gut Aiderbichl teilt sie sich die Box mit Sohn Friesi.

Deggendorf/Mühldorf. Nach fast hundert Tagen auf der Flucht ist die berühmt gewordene Kuh Yvonne am Freitag auf Gut Aiderbichl in Niederbayern eingetroffen. Am Vormittag wurde sie im oberbayerischen Ampfing (Landkreis Mühldorf am Inn) mit einer Injektion per Blasrohr ruhiggestellt, eingefangen und in einen Tiertransporter verladen. Auf ihrem künftigen Gnadendomizil in Deggendorf traf sie dann mit ihrem Sohn Friesi zusammen.

„Sie haben sich angeschaut“, beschrieb Aiderbichl-Verwalter Hans Winterstaller das Zusammentreffen der dpa, dann begannen beide friedlich zu fressen. „Sie kennen sich“, ist Wintersteller überzeugt, „sie waren ja zwei Jahre zusammen auf der Alm.“ Neben Sohn Friesi leben auch Yvonnes Schwester Waltraut und Kalb Waldi - sowie weitere 400 Artgenossen - auf Gut Aiderbichl. Sie alle wurden durch den Ankauf der Tierschützer vor dem Schlachter bewahrt. Dahin war Yvonne auf dem Weg, als sie im Mai floh und sich wochenlang im Wald verbarg.

Das Schicksal des aus Österreich stammenden Rindes Yvonne hatte wochenlang selbst im Ausland für Schlagzeilen gesorgt. Dazu trug auch bei, dass Gut Aiderbichl Yvonne dem Besitzer abkaufte, um ihr einen ruhigen Lebensabend zu ermöglichen - und die zwischenzeitliche Abschussgenehmigung zu umgehen. Zahlreiche Versuche, das Tier aus dem Unterholz zu locken oder per Hubschrauber zu orten, schlugen fehl. Am Donnerstag dann war „die Kuh, die ein Reh sein will“, am Gatter einer Weide entdeckt und eingelassen worden. Sie hatte sich dort vier Kälbern angeschlossen. Identifiziert wurde sie über ihre Ohrmarke.

Ein erster Versuch, Yvonne noch am Abend mit Hilfe eines Schusses aus einem Betäubungsgewehr einzufangen, wurde nach Einbruch der Dunkelheit aufgegeben. Am Freitag kurz nach 7.00 Uhr war es dann soweit. Schon der erste Schuss saß, doch die Dosis reichte für Yvonne nicht aus. „Das war kein Yvonnchen, sondern Yvonne, die Kampfkuh“, sagte Professor Henning Wiesner am Freitag nach der erfolgreichen Ruhigstellung der aus dem Wald wiedergekehrten Kuh der dpa.

Aus 12 bis 15 Metern Entfernung schoss er mit dem Blasrohr auf Yvonne, erst die zweite Dosis reichte aus, um sie ruhigzustellen. Der frühere Vorstandsvorsitzende des Münchner Tierparks Hellabrunn ist Experte für die Anästhesiologie und dabei speziell die Immobilisation auf Distanz. Er berät für die Wildtier-Immobilisation Zoos und Tierschutzorganisationen weltweit.

Yvonne gilt zwar auch nach fast hundert Tagen im Wald längst noch nicht als Wildtier, „aber sie ist, ungewöhnlich für ein Hausrind, sehr schnell wieder fit geworden“, sagte Wiesner. Mit Blick auf die zahlreichen missglückten Fangversuche und die Belohnung, die eine Zeitung auf Yvonnes Ergreifung ausgesetzt hatte, äußerte sich der Tierschutz-Experte vorsichtig: „Wenn da nicht so ein Rummel gewesen wäre, hätten wir uns leichter getan, sie einzufangen.“