Ein Jahr ist seit dem Mord der Bankiersgattin vergangen, doch noch immer ist der Mörder ncht gefasst. Nun gibt es eine neue Spur - sie führt nach Tschechien.

Heidenheim. Knapp ein Jahr nach der Entführung und Ermordung der Bankiersgattin Maria Bögerl in Heidenheim führt eine vage Spur nach Tschechien. Dort war bei Budweis Anfang April der deutsche Chef einer Rockerbande festgenommen worden, wie die „Kronen-Zeitung“ in Wien berichtete.Ein Sprecher der Polizei Heidenheim dementierte, dass dies eine heiße Spur sei. „Die einzige Verbindung ist die, dass der Mann ebenfalls versucht haben soll, in Österreich eine Bankiersgattin zu entführen.“ Das war jedoch fehlgeschlagen.

Mit einem bewegenden Trauergottesdienst haben im Juni 2010 rund 1000 Menschen in Heidenheim Abschied genommen von Maria Bögerl, die von einem noch unbekannten Entführer ermordet worden ist. Den beiden Kindern und Maria Bögerls Ehemann Thomas standen an diesem schweren Tag in der katholischen Dreifaltigkeitskirche Verwandte und Freunde zur Seite, aber auch unzählige Bekannte, Nachbarn und Kollegen. Viele verfolgten den Gottesdienst, der mit Lautsprechern übertragen wurde, auf dem Vorplatz. Und vielen sprach der Passauer Joachim Eder dabei aus der Seele. Eder, ein Freund der Familie, hatte Thomas und Maria Bögerl einst getraut. "Es ist die Sinnlosigkeit dieses Todes, die nicht zu begreifen ist und die uns so sehr Angst macht", sagte er. "Da ist Leid und Trauer, Wut und eine unglaubliche Leere. In Heidenheim ist nichts mehr so, wie es einmal war." Carina Bögerl, 27, schluchzte so stark, dass sie kaum die Worte hervorbrachte. Als sie "Mama, ich vermisse dich, du fehlst mir so, ich vermisse dich, ich liebe dich" flüsterte, weinte die ganze Kirche.

Den Bögerls, das ist deutlich zu spüren an diesem Nachmittag, gehörte schon vor dem tragischen Verbrechen viel Sympathie in dem Kreisstädtchen. Thomas Bögerl, der örtliche Sparkassendirektor, ist seit Jahren in der Öffentlichkeit bekannt. Seine Frau, eine leidenschaftliche Tennisspielerin, war oft bei offiziellen Terminen dabei, spendierte für Sportfeste Selbstgebackenes. Eine "nette, bodenständige Frau", so das einhellige Urteil. Warum traf es gerade sie? Sicher, die Bögerls waren wohlhabende Leute, aber in dem Städtchen an der Brenz gibt es viel reichere Einwohner. Nicht zuletzt deshalb glauben die Ermittler an einen Täter aus dem Umfeld, möglicherweise einen unzufriedenen Kunden der Sparkasse. Darauf könnte auch die kurze Zeitspanne zwischen Lösegeldforderung und Übergabezeitpunkt hinweisen, vor allem aber die geringe Lösegeldforderung von 300 000 Euro. Thomas Bögerl, munkelt man während der Trauerfeier hinter vorgehaltener Hand, habe als Sparkassenchef angeblich Verfügungsgewalt über genau diesen Betrag gehabt.

Seit dem 12. Mai hatten die Bögerls um das Leben der 54-jährigen Entführten gebangt, bis nach der Obduktion einer zufällig gefundenen Leiche jede Hoffnung schwand. Doch eine heiße Spur, wer das Verbrechen begangen haben könnte, gibt es noch nicht. Befragt man die Statistik und die Erfahrung von Kriminalisten, stehen die Chancen eigentlich sehr gut, den Täter zu fassen. 90 Prozent aller Morde werden aufgeklärt.

Doch der Fall Bögerl wird immer verworrener. Nicht nur, dass das Verhalten des Täters - die Polizei geht von einem einzelnen Mann aus - schlecht in die üblichen Muster passt. Das geforderte Lösegeld war zu gering, der Übergabeort und das Versteck der Leiche waren offenbar hastig und übereilt gewählt.

Da die Ulmer Bundesbank-Filiale am 12. Mai zur Mittagszeit geschlossen gewesen sei, hätten die vom Entführer geforderten 300 000 Euro nicht rechtzeitig abgeholt werden können, berichtete gestern "Stern.de". Die Polizei habe die Bank nicht über die Entführung informiert. Die Polizei wollte sich zu dem Vorwurf nicht äußern.

Nach den Forderungen des Entführers sollte der Ehemann des Opfers, Thomas Bögerl, das Lösegeld um 14 Uhr an der A 7 bei Heidenheim ablegen. Die sofort eingeschaltete Polizei entschied, dass das Lösegeld über die Gemeinde Niederstotzingen besorgt werden solle - unter dem Vorwand, dass die Kommune einen Blitzkredit benötige.

Zwei Mitarbeiter der Kreissparkasse Heidenheim erreichten gegen 13.15 Uhr die Ulmer Bundesbank-Filiale. Das Institut sei aber wie an jedem Werktag ab 13 Uhr für die Zeit der Mittagspause geschlossen gewesen. Mit der Bank sei keine Uhrzeit für die Abholung des Lösegeldes abgesprochen gewesen. Erst gegen 13.45 Uhr konnten die Boten das Geld in Empfang nehmen. Thomas Bögerl legte das Geld anschließend mit rund anderthalbstündiger Verspätung am verabredeten Ort ab.