14 Monate nach dem Tod seiner entführten Gattin Maria Bögerl wurde der Sparkassendirektor Thomas Bögerl erhängt im Fitnessraum gefunden. Die Polizei fand einen kurzen Abschiedsbrief, die Obduktion bestätigte Selbstmord.

Heidenheim. Sparkassendirektor Thomas Bögerl, der Witwer des Entführungsopfers Maria Bögerl, hat sich selbst erhängt. Das ging aus der Obduktion am heutigen Vormittag hervor. Andere Täter schließen die Ulmer Rechtsmediziner aus, wie Polizei und Staatsanwaltschaft am Dienstag in Heidenheim berichteten. Der Mann der entführten und ermordeten Maria Bögerl war auch nicht betrunken. Warum sich der Heidenheimer Sparkassendirektor Thomas Bögerl umbrachte, konnten die Ermittler hingegen nicht genau sagen.

Der Todeszeitpunkt war laut Obduktionsergebnis der Montagmorgen. Kurz danach hatte eine Putzfrau die Leiche des 56-Jährigen gegen 11.30 Uhr im Fitnessraum seines Hauses entdeckt. Seine Frau Maria Bögerl war aus dem gleichen Gebäude am 12. Mai 2010 entführt worden. Nach einer gescheiterten Lösegeldübergabe töteten die Täter die 54-Jährige. Die Sonderkommission „Flagge“ ist den Tätern bis dato nicht auf die Schliche gekommen. In den kommenden Tagen soll ermittelt werden, ob es einen Zusammenhang zwischen dem Mord an Maria Bögerl und dem Selbstmord ihres Mannes gibt.

Warum Thomas Bögerl nicht weiterleben wollte, ist der getrennt von der Sonderkommission ermittelnden Aalener Kriminalpolizei ein Rätsel. Der 56-Jährige hinterließ einen Abschiedsbrief, aus dem sich aber keine Hinweise auf seine Beweggründe ergeben. „Es ist eher eine Abschiedsnotiz, die sich aber weder an die Polizei noch an die Öffentlichkeit richtete“, sagte ein Polizeisprecher.

Die Ermittler verwiesen am Dienstag selbst auf die Gerüchte über das Privatleben der Familie Bögerl und eine angebliche Beteiligung Thomas Bögerls an der Entführung und Ermordung seiner Ehefrau. Nichts davon habe sich aber erhärten lassen. Sicher ist, dass Bögerl seit der Entführung mehrfach für längere Zeit krankgeschrieben war und sich auch in einer Kur begab. Mit der Sparkasse hatte er sich nach deren Angaben darauf geeinigt, „in Kürze“ auszuscheiden. Er hinterlässt zwei erwachsene Kinder.

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"Schicksal hat die Familie um ihr Glück gebracht"

Bewegende Worte kamen von Heidenheims Oberbürgermeister Bernhard Ilg: Er sprach den beiden Kindern Bögerls das Beileid der Stadt aus: „Wir stehen ratlos und traurig vor dem Schicksal, das Thomas Bögerl und seine Familie um ihr Glück gebracht hat.“ Nachdem die Mutter der beiden Kinder vor ungefähr einem Jahr entführt und ermordet wurde, hat der Witwer aller Wahrscheinlichkeit nach seinem Leben jetzt ein Ende gesetzt. Er soll sich betrunken in seinem Fitessraum erhängt haben. Er hinterließ einen Abschiedsbrief, in dem aber nichts zu seinen Beweggründen stehen soll.

Nach bisherigen Ermittlungen sprechen keine Hinweise gegen einen Suizid des 56-Jährigen. Zudem hinterließ der Tote einen kurzen Abschiedsbrief, der allerdings keine Hinweise zu seinen Beweggründen enthält. Zum Inhalt des Briefes machte die Polizei zunächst keine Angaben.

Maria Bögerl war am 12. Mai 2010 aus ihrem Haus im eigenen Auto entführt und später ermordet worden. Kurz nach ihrem Verschwinden erhielt ihr Mann, Vorstandsvorsitzender der örtlichen Sparkasse, per Telefon eine Lösegeldforderung über 300.000 Euro. Das Geld wurde aber vom Täter nicht abgeholt. Die Entführte wurde drei Wochen später, am 3. Juni, erstochen in einem Waldstück entdeckt. Ihr Mann und die Kinder hatten sich zuvor in einem emotionalen Fernsehaufruf an die Entführer gewandt. Der Mörder wurde bis heute nicht gefasst.

Noch am Montag sollte eine Obduktion klären, wie genau und wann der Witwer zu Tode gekommen war. Die Polizei wollte sich zunächst nicht dazu äußern, ob es einen Abschiedsbrief gibt. Auch ob Bögerl allein gelebt habe, wurde nicht erläutert. Es hieß aber, seine beiden Kinder wohnten nicht mehr zuhause.

In dem Mordfall gibt es viele Ungereimtheiten. Unter anderem ist nicht geklärt, ob Maria Bögerl bereits vor der geplanten Geldübergabe ermordet wurde. Schnell kursierten auch zahlreiche Theorien über die Rolle des Witwers bei der Geldübergabe und darüber, warum das Lösegeld nicht rechtzeitig zum geforderten Übergabezeitpunkt beschafft werden konnte.

Die Polizei sah sich infolge der Spekulationen veranlasst zu erklären, dass der Ehemann des Entführungsopfers das Lösegeld organisiert habe. Er habe sofort nach dem Anruf des Entführers die Polizei informiert und erklärt, die geforderte Summe entsprechend den Tätervorgaben bereitstellen zu können. Dies sei aber nicht rechtzeitig gelungen. Der Witwer hatte zuvor in einem Zeitungsinterview bestritten, darauf bestanden zu haben, das Geld selbst bereitzustellen und nicht von der Polizei besorgen zu lassen. Ein nicht benannter Ermittler hatte dies der Zeitung zufolge behauptet.

Bögerl hatte bei dem Anruf der Entführer kurz mit seiner Frau sprechen können. Sie sagte ihm, dass sie sich in Lebensgefahr befinde. Die Entführer hatten in dem Telefonat eine unrealistisch kurze Frist für die Geldübergabe von nur gut anderthalb Stunden gesetzt. Demnach sollten die 300.000 Euro bereits um 13.00 Uhr hinterlegt werden. Da Bögerl diese Vorgabe unmöglich erschien, bat er um einen Aufschub. Das Geld wurde um 15.27 Uhr an der bestimmten Stelle deponiert und damit etwa 30 Minuten zu spät.

Lokale Zeitungen verbreiteten indes Gerüchte, die Ehe habe als zerrüttet gegolten. Beide Eheleute hätten Affären gehabt. Es hieß sogar, Bögerl, der Ende September vergangenen Jahres seine Arbeit als Vorstandsvorsitzender wieder aufnahm, sei unlängst Vater geworden. Der 56-Jährige hatte dies entschieden als Lügen zurückgewiesen. Die Polizei sagte am Montag auf dapd-Anfrage, gegen den Ehemann habe kein Tatverdacht bestanden.

Die Kreissparkasse Heidenheim zeigte sich tief erschüttert vom Tod Bögerls. Er habe in den vergangenen Monaten nicht mehr die Kraft gehabt, sein Amt auszuüben, erklärte die Sparkasse am Abend. Auf sein Ersuchen hin habe man sich über eine einvernehmliche Lösung verständigt, derzufolge Bögerl in Kürze aus seinem Amt ausgeschieden wäre. „Unser aufrichtiges Mitgefühl gilt allen voran seiner Familie, die in den zurückliegenden Monaten schon viel Leid ertragen musste.“ (dpa/dapd)